Mit Urteil vom 16.01.2008 (8 S 10080/07) hat das LG Nürnberg-Fürth auf die Berufung des Klägers das Urteil des AG Nürnberg vom 17.10.2007 (24 C 4275/07) abgeändert und die Gothaer Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.647,49 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Kammer nimmt zunächst auf die Feststellungen des Erstgerichts Bezug (§ 540 I 1 Nr. l ZPO). Die Kammer hat ergänzend den Kl. informatorisch angehört. Auf das Protokoll vom 16.1.2008 wird insoweit verwiesen.
Der Kl. verfolgt mit der Berufung sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter, soweit das AG diesem durch sein Urteil nicht entsprochen hatte.
Der Kläger beantragt:
Die Bekl. wird verurteilt, über das erstinstanzlich Zugesprochene hinaus, an den KL 967,63 EUR sowie 50,87, EUR an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen aus den geforderten Beträgen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4.4.2007 zu zahlen.
Die Bekl. beantragt;
Die Berufung abzuweisen.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, Die Kammer berechnet den erforderlichen Schadenersatz hinsichtlich der Mietwagenkosten in gefestigter Rspr. (vgl. nur Kammer, zfs 2007, 444 m.N,; ebenso etwa LG Bonn NZV 2007, 362) nach der Schwacke-Liste 2006. In dem zitierten KammerUrteil finden sich Erwägungen zur Anwendbarkeit dieser Schätzgrundlage. und zur Kritik daran, auf die verwiesen wird (explizit zu der Auffassung des LG Chemnitz vgl. weiter Kammer, Urt.v,17.4.2007, 8 O 10615/06). Ergänzend sei hier, lediglich bemerkt, dass die Kammer jedenfalls in vorgelegten InternetAngeboten keine zuverlässigere und daher vorzuziehende Schätzgrundlage sehen kann, weil diese keinen besseren Marktüberblick bietet. Das gegen die Schwacke-Liste 2006 gelegentlich ins Feld geführte Gutachten des Prof. Klein, Uni Erlangen-Nürnberg, moniert an dieser, dass dadurch der Markt nicht abgebildet werde, weil die relevanten Marktanteile der jeweiligen Vermieter hinsichtlich eines jeden fraglichen Kfz-Typs nicht erkennbar seien. Das trifft zu. Das trifft aber auch auf die Internet-Angebote zu, sodass ein Erkenntnisgewinn mit diesen nicht verbunden ist.
Die Kammer ist durch § 287 II ZPO gehalten, die Kosten und den Aufwand für die Schadensermittlung in einem wirtschaftlichen Umfang zu halten, da andernfalls die dem Geschädigten zuzukommende Rechtswohltat des abgesenkten Beweismaßes des § 287 ZPO durch unverhältnismäßige Kosten der Beweiserhebung konterkariert würde. Eirie Beweiserhebung wäre im Übrigen nur veranlasse wenn mit ihr auch ein über den Status quo hinaus reichender Erkenntnismehrwert zu erwarten wäre – andernfalls würde das durch § 287 I 2 ZPO eingeräumte Ermessen missbraucht. Diesen Mehrwert sieht die Kammer nicht, da eine Marktanalyse, die allein weitere Transparenz schaffen könnte, in einer Großstadt wie Nürnberg nicht nur sehr teuer wäre, sondern von vornherein mit dem zweiten Manko der Schwacke-Liste zu kämpfen hätte, nämlich, dass sie bei den Vermietern auf eine zu untersuchende Population träfe, die infolge der nun schon länger andauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen weiß, dass ihre eigenen Angaben ihr künftiges Einkommen mitbestimmen.
Vor diesem normativen und tatsächlichen Hintergrund ist die Auffassung des Erstgerichts, dass mangels praktikabler und vorzugswürdiger Alternative die Schwacke-Liste 2006 heranzugehen ist, nicht zu beanstanden. Der Schadensersatzanspruch entfällt insoweit nicht etwa deshalb, weil der Kl. seinerseits Ansprüche gegen den Vermieter wegen unterlassener Belehrung, vie sie der XII. Zivilsenat des BGH fordert (NJW 2006, 2618), laben könnte (BGH NJW 2007, 3782).
Damit berechnet sich der ersatzfähige Schaden unter Berücksichtigung der maßgeblichen Parameter (Klasse 6; PLZ 904, 29 Tage Mietdauer) wie folgt:
Wochentarife: 4 x 555 EUR =2.220,— EUR
+ 1 Tagestarif: 95,— EUR
./. 3% Eigenersparnis – 69,45 EUR
= 2.245,55 EUR
+ 3% MwSt-Differenz 67,37 EUR
= 2.312,92 EUR
+ Vollkasko: (4 x 161 + 23) = 667,— EUR
+ Zustellung/Abholung 42,02 EUR
= 3.021,94 EUR
./. reguliert 1.374,45 EUR
Rest 1.647,49 EUR
Dieser Betrag ist daher zuzusprechen. Ergänzend sei zu dem Rechenwerk bemerkt:
Der Eigenersparnisabzug wird von der Kammer in st. Rspr. bei 3% angesetzt. Die Berechnung des erforderlichen Schadensersatzes hat sich – wie von der Berufung in ihrer hilfsweisen Erwägung zutreffend ausgeführt – an der Fahrzeugklasse des verunfallten Kfz zu orientieren, nicht an der tatsächlich in Anspruch genommenen, denn der Geschädigte ist zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Die Anmietung eines Fahrzeugs in einer günstigeren Klasse ist hingegen eine überobligationsmäßige Leistung des KI., die der Bekl. nicht zugute kommt. Winterreifen werden in st. Rspr. der Kammer, die auch vom OLG Nürnberg geteilt wird, nicht ersetzt. Vortrag des Kl. zur Erforderlichkeit eines berechnungsfähigen zweiten Fahrers liegt zwar vor und wurde beklagtenseits auch nicht bestritten. Indessen ergibt sich aus der erstinstanzlich vorgelegten Rechnung (K 6) nicht, dass der zweite Fahrer durch den Vermieter auch berechnet worden wäre; erstinstanzlicher Vortrag, der den offenkundigen Widerspruch zwischen Vortrag und Beleg ausgeräumt hätte, liegt nicht vor, sodass das Erstgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht von einem Ersatz insoweit abgesehen hatte.
Auf den so errechneten Mietpreis ist kein Aufschlag zu machen. Der Kl. hatte selbst ausgeführt, dass er am Unfallabend den Mietwagen der Fa. Brunner angemietet hatte, um schnell nach Hause zu kommen. Dies stellt keine besondere Eilsituation dar. Am Folgetag wurde ihm bei seiner Reparaturwerkstatt ein anderes Mietfahrzeug der Fa. XXXX – das muss man hier so sagen – aufgeschwatzt, ohne dass der Kl. irgendeinen sachlichen Grund für den Wechsel angeben konnte. Er war hier weder in einer Eilsituation noch sind sonst Umstände ersichtlich, die hier einen über den Normaltarif hinausgehenden Aufschlag rechtfertigen würden. Wenn dem Kl. die Vorfinanzierung durch die Fa. XXXX abgenommen wurde, so ist jedenfalls nicht vorgetragen worden, dass der Kl. – von der fehlenden Kreditkarte abgesehen – wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen wäre, selbst vorzufinanzieren. Die Frage nach der den allgemein erforderlichen Tarif (übersteigenden betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung des Unfallersatztarifs stellt sich erst dann, wenn klar ist, dass der Anmietende, auf die Mehrleistung, die in dem Unfallersatztarif inbegriffen ist, auch tatsächlich angewiesen war (denn nur dann ist er erforderlich) – nicht anderes ergibt sich aus dem Urteil BGH NJW 2007, 3782. Dazu ist nicht hinreichend vorgetragen worden. Insbesondere ist die Anlage K 3 insoweit völlig unergiebig, da der Kl. dort nirgends behauptet, finanziell beengt zu sein. Revision war nicht zuzulassen. Nebenentscheidungen: §§ 97, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
Soweit das LG Nürnberg-Fürth.