Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgeld geben wir Euch den Beschluss des OLG Düsseldorf bezüglich der Regulierungsfrist der Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall und zur Kostentragungspflicht bekannt. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Prozessbevollmächtigten des Geschädigten hatten nach Teilrücknahmen vor Rechtshängigkeit am 04.04.2013 die Klage zurückgenommen. [Der restliche Anspruch, Mietwagenkosten, wurde für den MW-Unternehmer separat weiterverfolgt, dort zu 70 % gewonnen.] Der gegnerische Prozessbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 27.05.2013 noch versucht, Verzug abzubiegen, ein untauglicher Versuch. Das LG Düsseldorf hat am 24.07.2013 über die Kosten durch Beschluss entschieden. Hiergegen wurde seitens der Beklagten durch ihre Prozessbevollmächtigten sofortige Beschwerde erhoben, die beim LG Düsseldorf erfolglos blieb. Nach Abgabe des Verfahrens an das OLG Düsseldorf entschied der 1. Zivilsenat mit Beschluss, dass die sofortige Beschwerde zurückgewiesen wird.
Ein wahrlich kostspieliger Ausflug durch das Zivilprozessrecht, zumal bereits der BGH eindeutig entschieden hatte, dass Schadensersatzansprüche sofort fällig werden. Hier im Blog wurde immer wieder darauf hingewiesen. Davon unabhängig ist allerdings die Regulierungsfrist des Versicherers. In der Regel sind Regulierungsfristen von zwei bis vier Wochen anzunehmen. In Zeiten der modernen Datenübertragungen dürften die Regulierungszeiten eher kürzer als länger anzunehmen sein. Das OLG Düsseldorf hält eine Regulierungsfrist von drei bis vier Wochen für angemessen, allerdings auch ausreichend.
Der Beschluss des OLG Düsseldorf wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Lothar Schriewer in Düsseldorf.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
I-1 W 31/13
13 0 232/12
LG Düsseldorf
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
1. des Herrn …
2. der HDI Direkt Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Am Schönenkamp 45, 40599 Düsseldorf,
Beklagten und Beschwerdeführer,
gegen
Herrn …
Kläger und Beschwerdegegner,
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter am Oberlandesgericht … als Einzelrichter
am 5. September 2013
b e s c h l o s s e n :
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2003 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 269 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagten sind als Gesamtschuldner zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits in dem durch das Landgericht ausgesprochenen Umfang von 76 % verpflichtet. Es entspricht nach Maßgabe des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO billigem Ermessen, eine Quotierung der Kosten des Rechtsstreits vorzunehmen und die durch das Landgericht ausgesprochene Verteilung anzuordnen, nachdem der Anlass zur Einreichung der Klage vor Eintritt der Rechtshängigkeit weggefallen ist und daraufhin der Kläger die Klagerücknahme erklärt hat.
Der Kläger ist lediglich mit dem sachlich und rechnerisch richtig ermittelten Kostenanteil, von 24 % belastet, der auf die mit 2.272,60 € klagegegenständlich gewesenen Mietwagenkosten entfällt. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, deren Richtigkeit von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird.
I.
1)
Unstreitig sind die Beklagten in vollem Umfang für die Schadensfolgen des Unfallereignisses einstandspflichtig, welche sich am 15. Juli 2012 in Hilden auf der Straße „Auf dem Sand“ ereignete.
2)
Der Schadensersatzanspruch des Unfallgeschädigten gegen den Schädiger wird in der Regel sofort im Zeitpunkt der Rechtsgutverletzung fällig (BGH NJW 2009, 910). Zum gleichen Zeitpunkt tritt die Fälligkeit des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG ein (Senat, Beschluss vom 4. Juni 2013 mit Hinweis auf Eggert in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 5. Aufl., Teil 4, Rdnr. 174).
3)
Deshalb hat sich der Kläger zu Recht veranlasst gesehen, durch anwaltliches Schreiben vom 16. Juli 2012 seinen Ersatzanspruch dem Grunde nach geltend zu machen. Eine Bezifferung der Schäden war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, da die Erfassung der Unfallfolgen noch nicht abgeschlossen war.
4)
Von der prozessualen Frage, ob eine Partei im Sinne des § 93 ZPO Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, ist die materiell-rechtliche Frage zu trennen, unter welchen Voraussetzungen der Haftpflichtversicherer im Falle der Geltendmachung eines Direktanspruchs gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Schuldnerverzug gemäß § 286 Abs. 1 BGB gerät. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Kfz-Haftpflichtversicherer eine mehrwöchige Prüfungsfrist einzuräumen ist, vor deren Ablauf er nicht hinsichtlich einer geltend gemachten Schadensersatzforderung eines Unfallgeschädigten in Schuldnerverzug geraten kann. Die Dauer der Prüffrist wird unterschiedlich angesetzt und mit Zeiträumen zwischen zwei Wochen und sechs Wochen berücksichtigt (vgl. die Rechtsprechungsübersicht OLG München DAR 2010, 644). Die Bemessung der Prüfungsfrist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie kann bei komplizierten Sachverhalten einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Der Senat hat Zeiträume von drei Wochen ( Beschluss vom 27. Juni 2007, Az.: 1-1 W 23/07, DAR 2007, 611) bzw. vier Wochen (Urteil vom 12. April 2011, Az.: 1-1U 146/10) als angemessen erachtet.
II.
1)
Es erscheint zweifelhaft, ob bereits die erste anwaltliche Zahlungsaufforderung des Klägers vom 24. Juli 2012 betreffend die Reparaturkosten, die Gutachterkosten sowie die Aufwendungspauschale im Gesamtumfang von 7.717,50 € mit der kurzen Fristsetzung bis zum 31. Juli 2012 bzw. bis zum 7. August 2012 geeignet war, einen Leistungsverzug der Beklagten gemäß § 286 Abs. 1 BGB herbeizuführen. Von Bedeutung ist aber, dass dem vorgenannten Schreiben bereits das Gutachten des Kfz-Sachverständigen nebst der Kostenrechnung beigefügt war. Mit Zugang des Schreibens war die Beklagte zu 2. deshalb in die Lage versetzt worden, die Regulierung des Unfallereignisses nach Grund und Höhe des angemeldeten Anspruchs – mit Ausnahme der noch nicht bezifferten Mietwagenkosten – zu prüfen.
2)
Nimmt man zu Gunsten der Beklagten zu 2. im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung einen Prüfungszeitraum von drei bis vier Wochen an mit der Folge, dass die Beklagten vor Ablauf dieser Frist weder in Schuldnerverzug hätten geraten noch eine Veranlassung zur Klageerhebung im Sinne des § 93 ZPO hätten geben können, änderte dies nichts an der Feststellung ihrer gesamtschuldnerischen Kostentragungspflicht in dem durch das Landgericht ausgesprochenen Umfang. Denn zum Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift vom 22. August 2012 bei dem Landgericht Düsseldorf einen Tag später war der vorgenannte Prüfungszeitraum bereits abgelaufen. Maßgeblich für den Beginn der Prüfungsfrist war der Eingang der hinreichend spezifizierten anwaltlichen Leistungsaufforderung vom 24. Juli 2012 bei der Beklagten zu 2. Hinzu kommt, dass der klägerische Prozessbevollmächtigte unter dem Datum des 16. August 2012 eine Regulierungsnachfrist bis zum 21. August 2012 gesetzt hatte. Eine längere als eine drei- bis vierwöchige Überprüfungsfrist kann wegen der eindeutigen Sach- und Rechtslage zugunsten der Beklagten nicht in Ansatz gebracht werden.
3)
Die Mietwagenkosten im Umfang von 2.272,60 € hat der Kläger erstmals durch anwaltliches Schreiben vom 16. August 2012 geltend gemacht und insoweit um Ausgleich unmittelbar an das Mietwagenunternehmen gebeten. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass dem Kläger hinsichtlich der Mietwagenkosten entweder die Aktivlegitimation fehlte oder das Mietwagenunternehmen zumindest prozessual zum Forderungseinzug berechtigt war, hat das Landgericht zu Recht den Kläger mit einem Kostenanteil von 24 % belastet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren stellt sich auf bis zu 3.000 €.
Es besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
——————————-
13 0 232/12
Landgericht Düsseldorf
Beschluss
In dem Rechtsstreit
… u.a.
wird der sofortigen Beschwerde der Beklagten vom 08.08.2013 gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24.07.2013 nicht abgeholfen.
Die Sache wird dem Beschwerdegericht Oberlandesgericht Düsseldorf – Kartellsenat – zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe:
Die Einwände gegen den angefochtenen Beschluss greifen nicht durch, so dass nicht abzuhelfen war, sondern die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen ist. Die Beklagten haben durchaus Anlass zur Klageerhebung gegeben, denn sie befanden sich im Zeitpunkt der Anhängigkeit des Rechtsstreits in Verzug, zumal sie mit Schreiben vom 24.07.2012 und 16.08.2012 unter Fristsetzung bis zum 21.08.2012 erfolgos zur Zahlung aufgefordert worden waren. Befindet sich ein Schuldner in Verzug, verbietet sich regelmäßig die Annahme, die Voraussetzungen des § 93 ZPO lägen vor.
Düsseldorf, 12.08.2013
13. Zivilkammer
…
Richterin am Landgericht
als Einzelrichterin
—————————–
13 O 232/12
Landgericht Düsseldorf
Beschluss
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
1. Herrn … ,
2. die HDI Direkt Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Am Schönenkamp 45, 40599 Düsseldorf,
Beklagten,
werden die weiteren Kosten des Rechtsstreits den Beklagten zu 76% gesamtschuldnerisch und zu 24 % dem Kläger auferlegt (§§ 346, 516 Abs. 3 ZPO).
(§§ 346, 516 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 700 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Es entspricht vorliegend billigem Ermessen, die Kosten dieser Partei aufzuerlegen, nachdem der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen worden ist. Dies gilt jedoch nicht für die auf die Teilklagerücknahme entfallenden Kosten, denn insoweit hatte die Klage von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg, denn der Kläger hatte seinen dahin gehenden Anspruch bereits vor Klageerhebung an einen Dritten abgetreten, beziehungsweise zunächst und vorgerichtlich insoweit Zahlung an den Zedenten gefordert. Dass der Kläger dessen ungeachtet im Rahmen der Klage auch insoweit Zahlung an sich verlangt hatte, darf nach billigem Ermessen den Beklagten nicht zum Nachteil gereichen.
Der Streitwert wird auf 9.810,31 EUR festgesetzt.
Düsseldorf, 24.07.2013
13. Zivilkammer
…
Richterin am Landgericht
als Einzelrichterin
Für angeblich jeden Tag an Mietwageninanspruchname zu viel erwartet einen Geschädigten Unbill und bei Totalschäden wird vielfach – einfach mal so – unterstellt, dass es möglich sein müsste, sich innerhalb von 8-10 Tagen ein vergleichbares Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Gerade finanziell schwache Unfallopfer sind auf eine schnelle und zügige Schadenregulierung angewiesen und diese läßt man vielfach am langen Arm bei der Unfallschadenregulierung verhungern, weil angeblich noch etwas unklar sei oder der eigene VN den Schaden noch nicht gemeldet habe. Hier stimmt schon seit längerer Zeit die Verhältnismäßigkeit nicht mehr, was die den Versicherern immer noch zugestandenen Regulierungsfristen angeht. Im Zeitalter einer exponentiell fortschreitenden Kommunikationstechnik sollte man zumindest bei klarem Sachverhalt zur Haftungsfrage erwarten dürfen, dass Schadenregulierungen komplikationslos innerhalb von 8 Tagen zu bewerkstelligen sein dürften, wie beispielsweise bei Auffahrschäden, Vorfarhtsverletzungen oder Beschädigungen von geparkten Fahrzeugen. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass beispielsweise die DEVK-Versicherung damit geworben hat, noch am Tage des Unfalls(!) vielfach schon regulieren zu können. Unausgesprochen bleibt dabei die eigene Schadenschätzung durch den hauseigenen Sachverständigen. Mi einem unabhängigen Sachverständigengutachten wäre es allerdings genau so schnell möglich. Es fällt in der Praxis auf, dass da, wo die Versicherung selbst schätzt oder schätzen läßt , die Schadenregulierung zügiger meist deutlich zügiger läuft. Warum wohl ? Schätze ich selbst, zahle ich weniger. Aber eine schnelle Schadenregulierung ist vor diesem Hintergrungd für das Unfallopfer keine gute Schadenregulierung.
Solange die Versicherungen noch fast beliebig viel Zeit verfügbar haben, Schadenersatzansprüche infrage zu stellen und dafür auch bei Kleinstbeträgen aufwändige Prozesse zu führen, wäre eine Regulierungsfrist von max. 2 Wochen nicht ein Ding der Unmöglichkeit, sondern praxisnah ausgerichtet an den Belange der Unfallopfer.
S.B.
Mit Tendenz zur Intensivierung dieser Schadensabwicklungen zeichnet sich seit geraumer Zeit die Taktik zur weiter sich verzögernder Schadensersatzzahlungen ab. Aus dem Kanon der scheinheiligen Begründungen, warum eine zeitnahe Schadensabwicklung aus Sicht der Versicherer nicht möglich sei, seien hier folgende, sich häufende Argumente herausgestellt:
– Das Gutachten (bzw. die Fotoanlage) sei beim Versicherer nicht eingegangen;
– Der VN habe den Unfall noch nicht gemeldet;
– Es müßten weitere Informationen eingeholt werden (Ermittlungsakte, etc.);
– Es müßte eine Nachbesichtigung des beschädigten Fahrzeuges erfolgen;
– Es seien vorrangig andere Schäden (aktuell: Hagelschäden!) zu regulieren;
– Bei Unfällen mit Auslandsbeteiligung würde der ausländische Versicherer nicht antworten;
– Es bestünde eine erhebliche Arbeitsüberlastung;
Dies alles in Kombination mit einer nachhaltigen Kommunikationsverweigerung, die sich in nervenaufreibenden Telefon-Warteschleifen mit erheblichen Wartezeiten zeigen und in der Tatsache, dass – immer seltener – benannte Sachbearbeiter gar nicht mehr bezeichnet werden.
Von einigen schlichtweg erlogenen Ausreden abgesehen bleibt festzuhalten, dass die Versicherer auch insoweit ein rechtswidriges Verhalten an den Tag legen, was von der Rechtsprechung teilweise noch bestätigt wird.
Ich empfehle die Kontaktaufnahme zu den Schädigern mit der Nachfrage, ob der Schaden denn bereits gemeldet sei. In vielen Fällen kommt dann der Hinweis, dass dies bereits erledigt sei.
Probates Mittel: Frist zur Regulierung von bis zu drei Wochen setzen, bei Nichtregulierung anmahnen mit weiterer Woche Frist und dann grußlos gegen den Halter/Fahrer klagen.
Ja, Babelfisch,
genau so ist es zu empfehlen.
Die Kalaschnikov-Strategie stört wenigstens mit Langzeitfolgen die Komfortzone und das ist wohl die einzige Sprache, in der man sich noch mit Erfolg verständlich machen kann. Und wer sich dabei in die Anonymität glaubt flüchten zu können, den erwischt es eben auch im „Team“.
Udo
@ Babelfisch
Genau richtig so. Und am besten alle (beiden) Schreiben, die an die Versicherung gehen, gleichzeitig in Kopie an den VN (beziehungsweise Halter beziehungsweise Fahrer). Funktioniert ganz gut.