In einem Berufungsverfahren hat der 9. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts Jena im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 18.02.2009 (9 U 473/08) u. a. zur Frage der Anwendung der Schwacke-Liste Stellung bezogen. Die Ansicht des erstinstanzlich entscheidendenden LG Gera, nach der die Schwacke-Liste zur Anwendung kommt und die Fraunhofer Tabelle abzulehnen ist, wird ausdrücklich bestätigt.
Nachfolgend der entsprechende Auszug aus dem Hinweisbeschluss:
Bei der Bemessung der Höhe des Schadens liegt keine Rechtsverletzung vor. Mehr als den durch das Landgericht zugesprochenen Schaden in Höhe von 3.877,39 €, kann der Kläger nicht ersetzt verlangen, wobei wegen der Einzelheiten auf S. 7 des Urteils, Bl. 257 d.A. verwiesen wird. Insbesondere steht dem Kläger kein Mehrbetrag an Mietwagenkosten zu und die allgemeine Kostenpauschale wurde auf 20,- € zutreffend begrenzt. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger zugebilligt, einen Unfallersatztarif wegen der besonderen Eilbedürftigkeit der Anmietunq des Fahrzeugs aufgrund des Unfallereignisses am Sonntag und Dienstantritt am darauf folgenden Montag in Anspruch nehmen zu dürfen; zugleich wurde die Höhe des Anspruchs zutreffend auf 1.766,70 € beschränkt.
Das Landgericht hatauf der Grundlage der Rechtsprechung des Thüringer Oberlandesgerichts (Urteil vom 26.04.2007, 1 U 216/06, zitiert nach juris, insb. ab Rn. 22 ff.), die der erkennende Senat ebenfalls vertritt, die erstattungsfähigen Mietwagenkosten auf der Basis eines Normaltarifs, versehen mit einem Aufschlag in Höhe von 30 % berechnet. Zustellkosten des Fahrzeugs und die Kosten der Haftungsbefreiung wurden hinzugerechnet, sowie wegen der dem Kläger entstandenen Ersparnis für die Eigenaufwendungen ein Abzug in Höhe von 10 % vorgenommen (Thüringer OLG, aaO, Rn. 32). Die Berechnung auf der Grundlage des „Schwacke-Normaltarifs“ (gewichtetes Mittel des „Schwacke-Mietpreisspiegels“) war angemessen. Mehr als diesen Betrag kann der Kläger auch nicht beanspruchen, da Tariferhebungen anonymer Art tendenziell niedriger ausfallen (Thüringer OLG, Urteil vom 27.11.2008, 1 U 555/07, zitiert nach juris, Rn. 21 ff unter Hinweis auf „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation). Da der Kläger mehr als den erforderlichen Herstellungsaufwand nach § 249 BGB beanspruchen will, hätte er beweisen müssen, dass ihm im Hinblick auf die gebotene subjektive Schadensbetrachtung ein günstigerer Mietwagentarif als der tatsächlich in Anspruch genommene- unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlichen relevanten Markt – nicht zugänglich war. Dieser Nachweis ist ihm jedoch nicht gelungen. Das Vorbringen des Klägers, er habe sich bei zwei Mietwagenunternehmen erkundigt, dort habe am Telefon einerseits niemand abgehoben andererseits habe man keine Preisauskunft gegeben, ist nicht geeignet, die Einholung von Alternativangeboten (Thüringer OLG, Urteil vom 26.04.2007, aaO, Rn. 26) zu beweisen. Das Landgericht durfte daher davon absehen, die angebotenen Zeugen zu hören. Daher verbietet sich auch die Vernehmung der Zeugen im zweiten Rechtszug. Denn der Kläger hat tatsächlich keine Angebote erhalten und konnte nicht überblicken, ob das Angebot des beauftragten Mietwagenunternehmens das günstigste war. Ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Mensch hätte daher versucht, sich in der zur Verfügung stehenden Zeit tatsächlich einen kurzen Überblick über die Marktpreise, sei es über das Internet, telefonisch oder das Branchenbuch oder umliegende Werkstätten zu verschaffen, die durchaus auch als kurzzeitige Vermieter in Betracht kommen können. Schließlich konnte der Kläger ein Regulierungsabkommen der Autovermietung X. der Beklagten zu 3 zum Unfallzeitpunkt nicht beweisen. Die Aussagen des Zeugen X. und der Zeugin Y. waren dazu nicht ergiebig, wie das Landgericht zu Recht festgehalten hat.
Aus den genannten Gründen beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesen Hinweisen bis zum 05.03.2009 Stellung zu nehmen. Aus Kostengründen sollte dabei auch eine Rücknahme des Rechtsmittels in Betracht gezogen werden. Im Falle der Zurücknahme der Berufung oder deren Zurückweisung durch Beschluss verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung (§ 624 Abs 4 ZPO).
Soweit das Thüringer Oberlandesgericht Jena.
Hi Babelfisch,
das Thüringische Oberlandesgericht hat sich mit seinem Hinweisbeschluß nicht von der Rechtsprechung des Hanseatischen OLG leiten lassen. Also kann man das Urteil des OLG Hamburg nur als einen Wassertropfen im Weinglas Schwacke bezeichnen. Vielleicht tritt auch wieder ein Umdenken im Norden Deutschlands ein.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hallo Willi Wacker,
ich muss Ihnen schon wieder widersprechen. Das OLG Hamburg-Urteil datiert vom 15.05.2009 – 14 U 175/o8 – und der Beschluss des OLG Jena ist vom 18.02.2009. Damit liegt das Urteil des OLG Hamburg zeitlich nach dem Beschluss des OLG Jena.
Die Rechtsprechung im Norden der Republik sollte daher auf jeden Fall im Auge behalten werden.
Ihre Jurastudentin
Hallo Jurastudentin, Sie haben wieder Recht. Ich hatte obigen Kommentar praktisch im Schnellverfahren verfasst, weil mich das Urteil des OLG Hamburg derart verwirrt hat, dass ich die Rechtslage kurz darlegen wollte. Es bleibt jetzt abzuwarten, ob die Instanzgerichte im Bereich Hamburg sich nach dem OLG richten, oder wie in Köln abweichend urteilen.
Ihr Willi Wacker