Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,
nach dem vor kurzem veröffentlichten Schrottrteil aus Hannover eben wir Euch – wie angekündigt -hier nun ein positives Urteil aus Hamburg-Bergedorf zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Wieder hatte die HUK-COBURG die berechneten Sachverständigenkosten ohne Rechtsgrund, und damit rechtswidrig, gekürzt. Der Geschädigte hat sich die Kürzung nicht gefallen lassen und – zu Recht – Klage erhoben. Immerhin geht es um seinen Anspruch auf vollen Schadensersatz bei voller Haftung der HUK-COBURG. Dem ist auch der erkennende Richter der Abteilung 408 C des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf gefolgt. Er verurteilte zum Jahresschluss die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands zur Zahlung der vorgerichtlich rechtswidrig gekürzten Sahverständigenkosten. Da ging für die HUK-COBURG das Jahr 2014 aber nicht gut zu Ende. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus Hamburg. Lest selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-Bergedorf
Az.: 408 C 44/13
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, vertreten durch d. Vorstand, dieser vertreten durch den Sprecher Herrn Dr. Wolfgang Weiler, Nagelsweg 41-45, 20090 Hamburg
– Beklagte –
2) …
– Beklagte –
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf – Abteilung 408 – durch den Richter H. am 30.12.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 53,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 53,89 € festgesetzt.
Tatbestand
(abgekürzt gemäß § 313a ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Klage hat ganz überwiegend Erfolg. Sie ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I. Zunächst ist festzuhalten, dass die Klage sich infolge der vorgenommenen Rubrumsberichtigung mit Beschluss vom 02. August 2013 von vornherein gegen die jetzige Beklagte zu 1) gerichtet hat und damit diese und die Beklagte zu 2) auf Beklagtenseite allein Parteien des Rechtsstreits sind (auf den Einwand der fehlenden Passivlegitimation der ursprünglich benannten Beklagten zu 1) kommt es damit nicht an). Das erkennende Gericht wertet den Antrag des Klägers die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1) dahingehend zu ändern, dass sie sich gegen die jetzige Beklagte zu 1) richten soll, nicht als Klageänderung (Parteiwechsel), sondern als Antrag auf Parteiberichtigung entsprechend § 319 ZPO (vgl. LG Berlin, Urteil vom 11. April 2014, Az.: 15 O 43/14). Der Antrag aus dem Schriftsatz vom 10. April 2013 ist insoweit von seinem Wortlaut her zwar nicht eindeutig. Allerdings bringt der Antrag seiner Begründung nach hinreichend zum Ausdruck, dass der Kläger davon ausgeht, die jetzige Beklagte zu 1) müsse sich von Anfang an als die in Anspruch genommene Partei behandeln lassen, so dass es sich inhaltlich um einen Antrag auf Parteiberichtigung handelt (vgl. hierzu LG Berlin, Urteil vom 11. April 2014, Az.: 15 O 43/14) und mithin eine Rubrumsberichtigung angezeigt war. Denn es hat sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts bei der zunächst erfolgten Bezeichnung der Beklagten zu 1) als Anspruchsgegnerin um eine offensichtliche Falschbezeichnung gehandelt. Es lag hier auf der Hand, dass die Klage sich von vornherein gegen die jetzige Beklagte zu 1) richten sollte. Dies war nach Auffassung des erkennenden Gerichts insbesondere auch der jetzigen Beklagten zu 1) klar, was sich bereits daraus ergibt, dass diese die außergerichtliche Korrespondenz geführt hat (vgl. Anlage B2) und auch dem Gericht gegenüber ihre Verteidigungsabsicht angezeigt hat.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 398 BGB ein Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 53,89 € zu. Der Schadensersatzanspruch ist durch die Abtretung gemäß der Anlage K3 auf den Kläger übergegangen.
Die Haftung der Beklagten gegenüber dem Zedenten, dem Auftraggeber des Klägers, zu 100 % aus dem Verkehrsunfall vom 08. Januar 2013 ist dem Grunde nach unstreitig.
Die vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 424,76 € sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.
Ein Geschädigter kann von dem Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Autwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Der Geschädigte darf sich bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014, Az.: VI ZR 225/13). Indes ist der vom Geschädigten aufzuwendende Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aulwand abzubilden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2014, Az.: VI ZR 357/13).
Zunächst erachtet das erkennende Gericht die Sachverständigenkosten nicht deswegen nicht für einen erforderlichen und damit nicht erstattungsfähigen Schaden, weil ein offensichtlicher Baga-tellschaden vorliegt. Ein solcher liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichts hier nicht vor. Das erkennende Gericht folgt der Auffassung, wonach die Bagatellschadensgrenze in einem Bereich von etwa 700 € anzusiedeln ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2004, Az.: VI ZR 365/03). Dieser Betrag ist hier überschritten. Im Übrigen ist einem Geschädigten auch bei einer geringen Schadenshöhe – die ohnehin im Zeitpunkt der Entscheidung, ob man einen Sachverständigen mit der Schadensfeststellung beauftragt oder nur einen Kostenvoranschlag einholt, nicht absehbar ist – das Risiko, dass der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherung einen Kostenvoranschlag als unzureichend erachtet, nicht zuzumuten. Auch besteht gerade bei älteren Fahrzeugen mit hoher Laufleistung bei den Geschädigten auch immer ein Interesse daran, die Relation zwischen Reparaturschaden und Totalschaden feststellen zu lassen, was ausschließlich über ein Gutachten möglich ist (vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 05. Juli 2013, Az.: 6 S 34/13).
Gemessen an den eingangs genannten Maßstäben hatte der Zedent gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 424,76 €, auf die die Beklagten bislang nur 356 € am 30. Januar 2013 und 14,87 € am 14. Februar 2013 gezahlt haben, so dass also noch ein Zahlungsanspruch von 53,89 € besteht. Weder die Höhe des Grundhonorars noch die Nebenforderungen liegen erkennbar erheblich über den üblichen Preisen. Das erkennende Gericht hält den HB V – Korridor der (zur Zeit des Unfalls noch aktuellen) BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch der Nebenkosten für eine geeignete Vergleichsgrundlage.
Wie der Rechnung vom 16. Januar 2013 (Anlage K1) zu entnehmen ist, bewegen sich alle Rechnungspositionen innerhalb des Korridors. Der Vortrag, die Fotokosten seien überhöht, vermag somit nicht zu verfangen. Die angesetzten Kosten für Fotos liegen im Korridor, sogar an der unteren Grenze. Auch hält das erkennende Gericht die Kosten für weitere Fotos für erforderlich, da ausweislich der Rechnung eine Ausfertigung des Gutachtens für die Versicherung und eine für den Kunden erstellt wurde. Auch bewegen sich die Kosten für die weiteren Fotos im Rahmen des Korridors. Ferner können nach Auffassung des erkennenden Gerichts Schreibkosten gesondert als Nebenkosten berechnet werden. Dies gilt auch für die Kommunikationspauschale. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts können diese Kosten auch neben dem Grundhonorar verlangt werden. So weist auch die BVSK-Honorarbefragung als Nebenkosten eine Pauschale für Porto und Telefonkosten sowei gesondert Schreibkosten aus. Der Einwand, Telefonkosten könnten nicht nachvollzogen werden, da eine „Flatrate“ vereinbart worden sein dürfte, vermag als zu pauschal ebenfalls nicht zu verfangen. Soweit hier Fahrtkosten als überhöht moniert werden, geht dieser Einwand ins Leere, da Fahrtkosten vorliegend bereits nicht geltend gemacht werden.
Eine Anspruchskürzung kommt auch nicht deswegen in Betracht, weil die Nebenkosten etwa 64,5 % des Grundhonorars ausmachen. Es wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass der Zedent von vornherein hätte erkennen können, dass der Kläger nach Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde. Alein weil die Nebenkosten etwa 64,5 % des Grundhonorars ausmachen, fallen sie nicht aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrags (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014, Az.: VI ZR 225/13, wo die Nebenforderungen – nach Berechnung des erkennenden Gerichts – einen noch höheren Prozentanteil im Verhältnis zum Grundhonorar ausgemacht haben). Auch ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts das Honorar im vorliegenden Fall nicht deswegen unverhältnismäßig und zu kürzen, weil es ca. 51 % der kalkulierten Netto-Reparaturkosten ausmacht.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB. Zinsen waren jedoch erst ab 31. Januar 2013 zu zusprechen, da das Schreiben der Beklagten zu 1), in dem weitere Zahlungen abgelehnt werden, erst vom 30. Januar 2013 datiert. Die einseitige vom Kläger in der Rechnung gesetzte Zahlungsfrist wirkt nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht verzugsbegründend.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 ZPO. Eine Kostenbelastung des Klägers wegen des Ausscheidens der ursprünglichen Beklagten zu 1) ist nicht angezeigt, da es sich um eine Rubrumsberichtigung handelt, so dass die ursprüngliche Beklagte zu 1) zu keiner Zeit Partei des Verfahrens war (vgl. LG Berlin, Urteil vom 11. April 2014, Az.: 15 O 43/14). Soweit der Klagantrag zunächst auf Zahlung von 55,89 € statt 53,89 € lautete, handelte es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Im Übrigen hätte sich aber auch, wenn man dies als Klagrücknahme in Höhe von 2 € werten wollen würde, keine abweichende Kostenentscheidung ergeben.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.