Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
wieder war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungsgskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., die rechtswidrig Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall leistete, für den sie vollumfänglich haftete. Bei voller Haftung ist eigentlich auch voller Schadensersatz zu leisten. So haben es die Juristen in der Vorlesung BGB Schuldrecht gelernt. Nur die Verantwortlichen der HUK-COBURG wollen sich partout nicht an diesen Grundsatz halten. Ohne Rechtsgrundlage, und damit rechtswidrig, werden Schadensersatzpositionen des Unfallopfers gekürzt. Immer wieder und immer häufiger müssen Unfallopfer oder Dritte, an die die berechtigten Schadensersatzansprüche abgetreten worden sind, wegen unberechtigter Kürzungen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. So auch der Sachverständige im Rechtsstreit, den der Richter der 6. Zivilabteilung des AG Waldbröl zu entscheiden hatte. Nachstehend geben wir das positive Urteil aus Waldbröl zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. Im Ergebnis ist das Urtel zwar positiv, aber trotzdem handelt es sich wieder um ein „Oberlehrer-Urteil“, in dem die Angemessenheit der einzelnen Positionen überprüft wurde und das Gericht mit seiner Überprüfung quasi eine eigene „Gebührenordnung“ bastelt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare bekannt.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
6 C 67/14
Amtsgericht Waldbröl
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertr.d.d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Waldbröl
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 27.03.2014
durch den Richter S.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 34,59 EUR (in Worten: vierunddreißig Euro und neunundfünfzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
1.
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht restliches Sachverständigenhonorar nach einem Verkehrsunfall gegen die Beklagte geltend. Die volle Eintrittspflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherer für die aus dem Unfall resultierenden Schadensersatzansprüche ist dem Grunde nach unstreitig.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die folgenden Ausführungen unter Ziffer 2. Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 26.02.2014 hat das Gericht das vereinfachte Verfahren gemäß § 495 a ZPO angeordnet.
2.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Schadensgutachtens vom 04.12.2013 aus § 823 Abs. 1 u. 2 BGB, §§ 7 StVG, 249, 398 BGB zu. Der Kläger ist – nach Abtretung – aktivlegitimiert. Er kann für das Schadensgutachten insgesamt den vollen Rechnungsbetrag in Höhe von 424,59 € brutto verlangen, mithin unter Abzug der vorgerichtlich seitens der Beklagten geleisteten Zahlung in Höhe von 390,00 € den verbleibenden ausgeurteilten Betrag in Höhe von 34,59 €.
Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes (vgl. auch LG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2012, Az. 13 S 37/12; Amtsgericht Gummersbach, Urteil vom 06.09.2012, Az. 19 C 54/12; Landgericht Köln, Beschluss vom 02.01.2013, Az. 9 S 255/12):
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehören Kosten der Einholung eines Schadensgutachtens zu den gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Der Geschädigte ist aber grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, Urteil vom 23.01.2007, AZ: VI ZR 67/06, Versicherungsrecht 2007, 506 ff. m.w.N.). Eine Pauschalierung des Grundhonorars anhand der Schadenshöhe ist insoweit zulässig, da sie dem Umstand Rechnung trägt, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist.
Da es bei Kfz-Sachverständigen keine einheitlichen Abrechnungsmodalitäten gibt, geschweige denn allgemein zugängliche Preislisten, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, wird der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger erst dann nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtlich Unrichtigkeiten der Begutachtung oder Honorarberechnung missachtet.
a) Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich das von der Klägerin abgerechnete Grundhonorar in Höhe von 299,00 € netto als in voller Höhe erforderlich. Denn der Geschädigte durfte vorliegend von der vollständigen Erforderlichkeit des angefallenen Grundhonorars ausgehen, da es sich vorliegend nur um eine geringfügige Überschreitung des jeweils einschlägigen sogenannten Honorarkorridors der BVSK-Honorarbefragung 2011 handelt. Denn die BVSK-Honorarbefragung 2011 sieht für einen Nettoreparaturschaden wie vorliegend festgestellt in Höhe von 1.073,83 € einen Honorarkorridor bis 298,00 € netto vor. Dieser ist vorliegend nur in Höhe von 1,00 € netto überschritten. Dies stellt nach Auffassung des erkennenden Gerichts lediglich eine geringfügige Überschreitung des entsprechenden Rahmens dar. Eine geringfügige Überschreitung liegt in der Regel vor, wenn der Honorarkorridor lediglich bis zu 10 % überschritten wird. Das Grundhonorar ist somit in Höhe von 355,81 € brutto berechtigt.
b) Auch die geltend gemachten Nebenkosten sind vorliegend vollständig erstattungsfähig, da sie nicht willkürlich überhöht sind und Preis und Leistung für den geschädigten Laien nicht erkennbar in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Rechnet ein Sachverständiger – wie hier – grundsätzlich zulässigerweise für seine Ingenieurtätigkeit eine Pauschale ab und beansprucht er zusätzlich bestimmte Nebenkosten, so bringt er damit zum Ausdruck, dass seine Ingenieurtätigkeit mit dem Grundhonorar abgegolten sein soll und daneben lediglich tatsächlich angefallene Aufwendungen ersetzt verlangt werden. Die Geltendmachung der Nebenkosten ist deshalb auf den Ersatz seiner entstandenen Aufwendungen beschränkt. Die Frage, ob die nach dieser Maßgabe abgerechneten Nebenkosten erforderlich im Sinne des § 249 BGB sind, bestimmt sich aus Sicht des Geschädigten. Allerdings stehen dem Geschädigten zur Beurteilung dieser Frage keine Zahlenwerke zur Verfügung, die ihm einen verlässlichen Aufschluss über die Gesamthöhe der bei Einholung eines Kfz-Schadensgutachtens auf dem regionalen Markt zu erwartenden Nebenkosten böten. Die BVSK-Honorarbefragung ist, anders als im Rahmen der Beurteilung des Grundhonorars, nicht geeignet, die auf dem relevanten regionalen Markt zu erwartenden Ansätze für die anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden, da die BVSK-Honorarbefragung offen lässt, inwiefern die Sachverständigen ihre Nebenkosten überwiegend pauschal oder nach dem konkreten Anfall abrechnen. Für die Bemessung der erforderlichen Nebenkosten kann auch nicht auf andere vorhandene Regelwerke oder Honorartabellen zurückgegriffen werden. Allein das Fehlen verlässlicher Zahlenwerke über die Gesamthöhe der zu erwartenden Nebenkosten enthebt den Laien jedoch nicht von jeglicher PlausibHitätskontrolle hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten. Das gilt umso mehr, als einzelne Anbieter Nebenkosten beanspruchen, deren Höhe nach an das abgerechnete Grundhonorar heranreichen. Mangels verlässlicher Zahlenwerke zur Beurteilung der auf dem regionalen Markt zu erwartenden Höhe der Nebenkosten kann der geschädigte Laie die Erforderlichkeit der Nebenkosten allerdings nur nach Maßgabe der Preisinformation ermessen, über die er sich aus leicht zugänglichen Quellen unterrichten kann. Die sich hiernach ergebende Obergrenze die sich für den Geschädigten als noch erforderlich darstellt, wird daher für den Fall eines routinemäßigen Schadensgutachtens – und um einen solchen handelt es sich vorliegend – gem. § 287 Abs. 1 ZPO auf 100,00 € netto festgesetzt, dies unter Berücksichtigung des Aufwandes, der unter Wahrung des Sachverständigen Ermessenspielraums in Routinefällen regelmäßig nicht überschritten wird. Davon werden folgende ersatzfähige Positionen erfasst:
– Fahrtkosten: Unter Berücksichtigung der regionalen Kfz-Sachverständigendichte ist davon auszugehen, dass der Geschädigte auf dem hiesigen regionalen Markt in der Regel innerhalb einer Entfernung von maximal 25 km einen fachkundigen Sachverständigen seines Vertrauens finden kann und eine Nachbesichtigung nicht ohne weiteres notwendig ist. Einen sachlich begründeten aussagekräftigen Anhaltspunkt für die Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten einschließlich der Kosten für Betrieb und Unterhalt kann auch der Laie ohne weiteres anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen, etwa der ADAC-Autokostentabelle gewinnen. Unter Zugrundelegung eines Fahrzeuges der oberen Mittelklasse ergeben sich dann durchschnittliche Fahrtkosten von bis zu ca. 70 Cent pro Kilometer x 50 Kilometer = 35,00 €.
– Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens: Zur Bemessung der insofern erforderlichen Kosten war der regelmäßig und üblicherweise anfallende Umfang an Gutachten, Kalkulations- und Lichtbildseiten zugrunde zu legen, wie er in ähnlich gelagerten Verfahren und unter Berücksichtigung eines dem Sachverständigen zuzugestehenden Ermessens bei der Ausgestaltung seines Gutachtens für die fachgerechte Schadensbegutachtung und Dokumentation in Routinefällen aus technischer Sicht notwendig ist. Legt man danach maximal 12 Lichtbilder in Farbe zugrunde und räumt man dem Sachverständigen die Möglichkeit ein, über die Lichtbilddokumentation hinaus auch einen Teil seines Gutachtens zur besseren Übersichtlichkeit in Farbe zu drucken, so ist ein Umfang von 10 Seiten Farbdruck und 14 Seiten Schwarz-Weiß-Druck pro Ausfertigung jedenfalls ausreichend. Dabei sind mehr als drei Gutachtenausfertigungen (für Schädiger, Geschädigten und ggf. Anwalt des Geschädigten) grundsätzlich nicht erforderlich. Im Rahmen einer Mischkalkulation unter Berücksichtigung einer Pauschale für das Heften der Gutachten ergeben sich dann Kosten von drei Ausfertigungen x 10 Farbseiten x 1,00 € + drei Ausfertigungen x 15 Schwarz-Weiß-Seiten x 0,25 € + 3 x 3,00 € Heftung = rund 50,00 €. Dabei war zu berücksichtigen, dass insbesondere durch Verwendung im Unterhalt kostengünstiger Laserfarbdrucker die Druckkosten eher rückläufig denn steigend sind.
– Porto, Versand und Telefonkosten: Insoweit war unter Berücksichtigung aktueller, dem Laien ohne weiteres zugänglicher Telefon-, Internet- und Versandkostentarife ein Betrag von 15,00 € in Ansatz zu bringen. Die Begutachtung in Routinefällen erfordert in der Regel nur einige wenige Telefonate und Internetverbindungen für Terminsvereinbarungen, Rücksprachen mit Werkstätten, Restwertanfragen usw., hinzu kommen die Kosten für den Gutachtenversand.
Errechnet ein Sachverständiger für die Erstellung eines routinemäßigen Schadensgutachtens seine eigentliche Gutachtertätigkeit pauschal ab und macht er zusätzlich Nebenkosten von bis zu 100,00 € geltend, und übersteigen die einzelnen Nebenkostenpositionen die obigen Beträge jeweils nicht, so darf der Geschädigte diese Nebenkosten hiemach auf dem regionalen Markt grundsätzlich für erforderlich halten. Soweit die Nebenkosten diesen Betrag jedoch übersteigen, dies auch in einzelnen Positionen, sind sie nur erstattungsfähig, soweit die besonderen Umstände des Einzelfalls einen gesteigerten Begutachtungsaufwand erforderlich machen können, der unter Würdigung einer Gesamtschau aller Nebenkosten mit einem pauschalen Betrag von bis 100,00 € nicht mehr abgegolten ist oder hinsichtlich einzelner Nebenkostenpositionen mit dem dort geschätzten Betrag nicht mehr abgegolten ist.
Danach gilt für die vorliegend geltend gemachten Nebenkosten Folgendes:
• Die Fahrtkosten in Höhe von 10,00 € sind vollständig berücksichtigungsfähig.
• Die insgesamt in Höhe von 40,00 € geltend gemachten Nebenkosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens und Fotos sind vollständig erstattungsfähig.
• Die insgesamt in Höhe von 7,80 € geltend gemachten Nebenkosten für Porto, Versand und Telefonkosten sind vollständig erstattungsfähig.
Weitere Nebenkosten werden nicht geltend gemacht.
c) Es ergibt sich somit ein Nettosachverständigenhonorar in Höhe von insgesamt 356,80 €, bestehend aus dem erforderlichen Grundhonorar in Höhe von 299,00 € und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 57,80 €, und somit ein Bruttosachverständigenhonorar in Höhe von 424,59 €. Abzüglich der von der Beklagten vorgerichtlich gezahlten 390,00 € ergibt sich somit der ausgeurteiite Betrag in Höhe von 34,59 €.
d) Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 09.12.2013 bei nicht bestrittenem und insofern zu unterstellendem Zugang dieses Schreibens am 10.12.2013.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: 34,59 €.