Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenende veröffentlichen wir hier noch ein Urteil der Richterin der 3. Zivilabteilung des AG Amberg im Rechtsstreit gegen die HUK-Coburg. Das Ergebnis ist zwar zutreffend, dass die Coburger Haftpflichtversicherung verurteilt wurde, die vorher von ihr gekürzte Schadensposition Sachverständigenkosten zu zahlen. Allerdings ist der Weg der offensichtlich noch unerfahrenen Richterin, falsch und widerspricht der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH VI ZR 67/06). Im Rahmen des Schadensersatzprozesses kommt es nicht auf werkvertragliche Gesichtspunkte, wie Angemessenheit oder Üblichkeit an. Immer wieder wird von Seiten der HUK-An3wälte auf diese nicht beachtliche Schiene gesteuert. Das ist reine Themaverfehlung. Im Rahmen der Relation hätte der erfahrene Amtsrichter oder die erfahrene Amtsrichterin den Vortrag der beklagten HUK-Coburg als unerheblich zurückgewiesen. In seinem Urteil vom 11.1.2012 – IV ZR 251/10 – hat der BGH entschieden, dass wenn der Geschädigte nicht in der Lage ist, die Höhe des Schadens zu beziffern, dann ist er berechtigt, ein Sachverständigengutachten einzuholen und dann sind auch die Sachverständigenkosten erforderlich und vom Schädiger zu erstatten. Wenn er meint, die Kosten seien überhöht, dann ist er auf den Vorteilsausgleich verwiesen. Die Kürzung der Nebenkosten ist ein No-Go. Natürlich ist auch der BVSK nicht ganz unschuldig, dass es häufig in die falsche Richtung geht. Die bedingungslose Huldigung des BVSK zur „Angemessenheit“ des SV-Honorars ist schon fast unerträglich. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Amtsgericht Amberg
Az.: 3 C 169/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvors. Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
– Beklagte –
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Amberg durch die Richterin … am 20.09.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 159,38 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2011 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 173,25 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist größtenteils begründet.
1)
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 159,38 € zu.
a)
Die Kosten für den Sachverständigen sind im Rahmen der Regulierung eines Verkehrsunfalls grundsätzlich erstattungsfähig. Die Höhe richtet sich dabei nach den üblichen Sätzen, §§ 632 Abs. 2 BGB i.V.m. 315 BGB.
Zur Ermittlung des üblichen Sachverständigenhonorars zieht das Gericht vorliegend die „Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigenhonorars“, BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) heran. Diese Befragung ist geeignet um übliche Kfz-Sachverständigenkosten zu ermitteln. Das Gericht bezieht sich dabei auf den HB-Korridor, in welchem zwischen 50 % und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen.
(1)
Vorliegend hat die Klägerin für die geltend gemachten Fahrtkosten 1,15 € in Ansatz gebracht. Aus der BVSK-Honorarbefragung ergibt sich jedoch ein maximaler Satz von 1,08 €. Bei den angesetzten 18 km mithin ein Betrag von 19,44 €. Da darüberhinaus geltend gemachten 1,26 € sind daher abzuziehen.
(2)
Hinsichtlich der Fotokosten wurden vorliegend 2,65 € je Bild in Ansatz gebracht. Gemäß der BVSK-Honorarbefragung sind hier jedoch maximal 2,57 € in Ansatz: zu bringen, so dass vorliegend 1,28 € zuviel angesetzt wurden, welche in Abzug zu bringen sind.
Ein zweiter Fotosatz war nicht erstattungsfähig. Der angesetzte Betrag ist zwar nach der BVSK-Honorarbefragung nicht übersetzt. Es ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich wieso ein zweiter Fotosatz vorliegend zur Schadensregulierung erforderlich war. Die Kosten in Höhe von 8,00 € sind daher abzuziehen.
(3)
Von Seiten der Klägerin wurde ferner eine Porto-/Telefonkostenpauschale in Höhe von 20,00 € angesetzt. Hierfür sieht die BVSK-Honorarbefragung 2011 allerdings maximal eine Pauschale von 18,88 € vor. Die darüberhinaus liegenden 1,12 € könne daher vom Kläger nicht verlangt werden. Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige die Einzelpositionen für Porto- und Telefonpauschale und für die Schreibgebühren einzeln abgerechnet hat. Denn soweit sich die Klägerin bei der Abrechnung ihrer Einzelpositionen im Rahmen des Honorarkorridors bewegt, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Einzelabrechnung der jeweiligen Positionen nicht vorgenommen werden können sollte.
(4)
Auch die Kosten für die Restwertermittlung und für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes sind nicht zu beanstanden. Denn die Gutachtenerstellung befasst sich in erster Linie mit den Reparaturkosten. Hierfür wird auch das Grundhonorar fällig. Hinsichtlich der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes und des Restwertes sind grundsätzlich die Einholung weiterer Informationen bzw. zusätzliche Recherchen erforderlich. Die hierfür angesetzten Kosten sind auch der Höhe nach angemessen.
Im Übrigen sind die angesetzten Kosten nicht zu beanstanden.
Die angemessenen Sachverständigenkosten belaufen sich daher auf 1.028,21 €. Da unstreitig bereits 868,83 € reguliert wurden, ergibt sich ein noch zu erstattender Restbetrag von 159,38 €.
b)
Der Kläger kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, dass er Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht des Geschädigten geltend macht und sich der Schädiger gegenüber dem Geschädigten nicht darauf berufen kann, dass die Sachverständigenkosten ggf. überhöht sind.
Zwar ist es richtig, dass es der Beklagtenpartei verwehrt wäre, sich gegenüber dem Geschädigten auf eine vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen. Dies gilt sowohl für das Grundhonorar als auch für die geltend gemachten Nebenkosten. Denn solange die Geschädigte bei der Beauftragung des Sachverständigen nicht erkennen konnte, dass dieser sein Honorar geradezu willkürlich festgesetzt hat, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen oder der Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt, sind auch etwa überhöhte Saehverständigengebühren als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl., 2010, § 249, Rn. 58; OLG Naumburg vom 20.01.2006 – 4 O 49/05, NJW-RR, 2006, 1029 ff; OLG Nürnberg vom 03.07.2002 – 4 O 1001/02, VRS 103, 321 ff).
Der Schädiger kann in diesem Fall jedoch gemäß § 255 BGB analog die Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen wegen angeblicher Überhöhung verlangen und die abgetretenen Ansprüche sodann gegenüber dem Sachverständigen als eigenen Schaden geltend machen (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O.).
Da der Kläger dann ggf. eine Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr der überhöhten Kosten hätte, ist es unzulässig, wenn sich der Kläger vorliegend gegenüber dem Beklagten darauf berufen könnte, dass er lediglich Artsprüche des Geschädigten geltend macht, § 242 BGB („dolo-agit-Einrede, vgl. Palandt – Grüneberg, BGB, 69. Aufl, § 242 Rn. 52).
2)
Die Hauptforderung ist gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 3, 288 BGB seit dem 06.05.2011 zu verzinsen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.