Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
hier kommt jetzt ein Urteil aus Königstein im Taunus zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den VN der HUK-COBURG. Nachdem die eigentlich regulierungspflichtige HUK-COBURG bei voller Haftung keinen vollen Schadensersatz geleistet hat, hat das Unfallopfer bzw. der von diesem beauftragte Kfz-Sachverständige wegen des Restschadensbetrages nicht mehr die HUK-COBURG in Anspruch genommen, sondern den Unfallverursacher persönlich. Das ist auch zulässig, denn Fahrer, Halter und Versicherer haften als Gesamtschuldner. Der Geschädigte als Gläubiger kann sich einen der Gesamtschuldner heraussuchen und von diesem den Restbetrag fordern. So hat es auch der Geschädigte bzw. der Kfz-Sachverständige aus abgetretenem Recht im vorliegenden Rechtsstreit getan. So erfuhr der Versicherungsnehmer der HUK-COBURG, dass seine Versicherung aus Coburg nicht vollständig Schadensersatz geleistet hat. Er wurde verurteilt, das zu bezahlen, was seine Versicherung aus Coburg rechtswidrig nicht erstattet hat. Wie hilflos die HUK-COBURG zur Zeit agiert, zeigt sich daran, dass sie nunmehr erneut auf die Abrechnung nach Zeitaufwand drängt, obwohl der BGH mehrfach entschieden hatte, dass eine in Relation zur Schadenshöhe orientierte Sachverständigenkostenberechnung als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 II BGB erstattet verlangt werden kann (vgl. BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – = BGH DS 2007, 144 = NJW 2007, 1540 = VersR 2007, 560 = ZfS 2007, 507). Festzustellen ist auch, dass seitens der Anwälte der HUK-COBURG sehr häufig einfach nur ins Blaue hinein vorgetragen wird. Derartiger Sachvortrag ist unsubstantiiert und unerheblich. Lest aber selbst das Urteil aus dem Taunus und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker
Amtsgericht Königstein im Taunus Verkündet am: 28.11.2014
Aktenzeichen: 21 0 817/14(17)
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
Herrn … (VN der HUK-COBURG)
hat das Amtsgericht Königstein im Taunus durch Richterin R. im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO mit einer Schriftsatzschlussfrist bis zum 21.11.2014 für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 111.– Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 495a, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung restlicher Honorarvergütung aus abgetretenem Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB, §§ 7 Abs. 1, 17,
18 StVG, § 398 BGB.
Der von dem Beklagten nach dem Unfallereignis vom 17.08.2013 der Unfallgegnerin, der Zedentin, zu ersetzende Schaden umfasst grundsätzlich auch die Auslagen für ein Sachverständigengutachten, das die Unfallgegnerin bei der Klägerin zur Feststellung der Schadenshöhe beauftragt hat. Dies folgt schon daraus, dass die Gutachtenkosten der Unfallgegnerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienen und die Erstattungspflicht ist zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitig. Hierbei sind der Zedentin im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB diejenigen Kosten zu ersetzen, die zur Wiederherstellung ihres beschädigten Fahrzeuges „erforderlich“ waren. Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Geschädigten machen würde (vgl. BGH, Urteil v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 (1946) m.w.N.). Welcher Kostenaufwand im konkreten Fall erforderlich war, ist zwischen den Parteien in Bezug auf die Höhe der Sächverständigenkosten, insbesondere dessen Nebenkosten, streitig.
Das Gericht schließt sich der mittlerweile ganz überwiegenden und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof bestätigten Rechtsansicht an, nach welcher der Schadensersatzanspruch eines Uhfallgeschädigten auf Erstattung von Sachverständigenkosten jedenfalls dann begründet ist, wenn den Geschädigten kein Auswahlverschulden bei der Beauftragung des konkreten Sachverständigen trifft und so die Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB „erforderlicher“ Aufwand zur Wiederherstellung sind (vgl. AG Frankfurt a. M., Urteil. v. 11.03.2011 – 31 C 2304/10-16; Urteil v. 19.12.2011 – 31 C 1623/11-16; LG Frankfurt a. M., Urteil v. 12.10.2010 – 2/1 S 183/10; BGH, Urtei. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 (1948); BGH, Urteil v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH, Urteil v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 (1948); BGH, Urteil v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13). Denn grundsätzlich trifft das Risiko eines – in Einzelpositionn – teuren Sachverständigengutachtens den Schädiger und nicht den Geschädigten. Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass sich das der Klage zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht nach Werkvertrag, sondern nach Schadensrecht bemisst und daher die Angemessenheit der klägerischen Forderung nicht am Leistungsprinzip des Werkvertragsrechts, sondern an den Grenzen des durch § 249 Abs. 2 BGB geprägten Schadensrechts zu messen ist.
Soweit der Beklagte der Ansicht ist, die Klägerin habe im Rahmen ihres geltend gemachten Anspruchs die Angemessenheit und Erforderlichkeit der einzelnen abgerechneten Positionen darzulegen und zu beweisen, übersieht er, dass nach der mittlerweile geltenden obergerichtlichen Rechtsprechung der Geschädigte seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungs- und Beweislast regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des mit der Begutachtung beauftragten Sachverständigen genügt und ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit dann grundsätzlich nicht ausreicht, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (vgl. BGH, Urteil v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 (1948) und BGH, Urteil v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13). Dieser Ausgangspunkt muss auch dann gelten, wenn der Sachverständige als Kläger aus abgetretenem Recht vorgeht, denn grundsätzlich bleibt die Anspruchshöhe nach Schadensrecht und nicht nach Werkvertragsrecht zu beurteilen.
Nach diesen Grundsätzen war der Anspruch der Klägerin vorliegend nicht zu kürzen. Umstände, die ein Auswahlverschulden der geschädigten Zedentin bei der Beauftragung der Klägerin erkennen lassen und damit eine andere Risikoverteilung rechtfertigen würden, sind im vorliegenden Streitfall nicht vorgetragen und damit auch nicht festgestellt. Der Beklagte hat nicht dargelegt, weshalb die Zedentin vor der Beauftragung hätte wissen müssen oder erkennen können, dass das Gutachten der Klägerin teurer ausfallen wird, als die Gutachten anderer Sachverständiger. Dabei kann nur ein auffälliges und von Anfang an erkennbares Missverhältnis der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu einem möglichen Auswahlverschulden führen, da der Geschädigte grundsätzlich keine „Marktforschung“ zu betreiben hat. Eine evidente, ohne weiteres erkennbare, ein Auswahlverschulden begründende Überteuerung des Gutachtens der Klägerin ist auch mit den Einwendungen des Beklagten gegen die vorgetragenen Einzelposten nicht ausreichend vorgetragen.
Warum der Zeitaufwand des Sachverständigen nur 70 Minuten betragen soll, ist nicht substantiiert worden. Fahrtkosten hat die Klägerin nicht geltend gemacht, so dass der Vortrag des Beklagten hinsichtlich der angeblich mehr als 10 Kilometer abgerechneten Fahrtkosten ins Leere geht. Soweit der Beklagte Schreib-, Kopier-, Foto- und Telefonkosten der Klägerin bestreitet, ist zwar der Ansatz von 2,55 Euro pro Foto und der Ansatz von 18,15 Euro für die Bereitstellung von Briefporto, Telefon, E-Mail und Fax als sehr teuer anzusehen. Allein deshalb fallen die geltend gemachten Kosten aber nicht von vornherein aus dem Rahmen des erforderlichen Geldbetrages. Denn es ist aus dem Beklagtenvortrag nicht ersichtlich, dass die Zedentin in der Rolle der Geschädigten nach dem Unfallereignis gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 BGB verstoßen hat, indem sie die Klägerin beauftragte, obwohl deren Preise für sie erkennbar überteuert waren. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Erkundigungen genau und in welchem Umfang die Zedentin vor Beauftragung der Klägerin hätte einholen müssen, welche üblichen Vergleichspreise ihr also geläufig hätten sein müssen und warum ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage der Zedentin jedenfalls Abstand von der Beauftragung dar Klägerin genommen hätte. Dies – und nicht die Tatsache, dass einzelne Nebenkostenppsitionen der Klägerin als über dem Durchschnitt liegend erscheinen – ist aber der Maßstab, an dem der Anspruch des Geschädigten zu messen ist.
Mangels Vortrag zur Erkennbarkeit einer Überteuerung durch die Zedentin war daher auch dem von der Beklagten angebotenen Beweismittel eines Sachverständigengutachtens zur Üblichkeit und Angemessenheit der Sachverständigenkosten nicht nachzugehen.
2. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Die verzugsbegründenden Umstände sind zwischen den Parteien unstreitig.
3. Die Kostenehtscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
4. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO.
5. Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen, da das Urteil nicht gegen höchstrichterliche Grundsätze verstößt und die für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage inzwischen höchstrichterllch geklärt ist.
Hallo, Willi Wacker,
auch gemessen am „Leistungsprinzip des Werkvertragsrechts“ ist folgende Beurteilung selbst aus richterlicher Sichtweite verfehlt, wenn es dort in den Entscheidungsgründen heißt: „Soweit der Beklagte Schreib-, Kopier-, Foto- und Telefonkosten der Klägerin bestreitet, ist zwar der Ansatz von 2,55 Euro pro Foto und der Ansatz von 18,15 Euro für die Bereitstellung von Briefporto, Telefon, E-Mail und Fax als sehr teuer anzusehen.“
Worauf fußt eine Bewertung mit dem Begriff „sehr teuer“ hier ? Wenn mir als Sachverständiger nach dem Justiz“vergütungs“gesetz schon pro Foto (Größe ? Qualität?) ein Materialaufwand von 2,00 € zugebilligt wird, so sind darin die Erstellungs- und Bearbeitungskosten noch nicht berücksichtigt bei einem Zeitaufwand von 4-8 Minuten/Foto. Bei einem Verrechnungssatz im unteren Rahmen von 1,66 €/min. ergibt sich also ein weiterer Kostenaufwand zwischen 6,64 € und 13,22 €. Deshalb ist eine solche Preisbeurteilung unverständlich und der BGH hat eine solche bekanntlich auch untersagt. Das Gleiche gilt für die Kommunikationskostenpauschale.-
Logopäde