Wie so oft gibt es Streit um den Ersatz der Sachverständigenkosten im Schadensersatzfall aufgrund eines vom Schädiger alleine verursachten Verkehrsunfalles. Der geschädigte Kfz-Eigentümer hatte einen Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt. Der Sachverständige erstellte das Schadensgutachten und kam zu dem Ergebnis, dass die voraussichtlichen Reparaturkosten sich auf 980,75 € netto belaufen. Für das Gutachten berechnete der Sachverständige 385,64 €. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung zahlte während des Rechtsstreites 187,87 €. Der Betrag setzt sich aus 160, 50 € Sachverständigenkosten und 27,27 € Anwaltskosten zusammen. Der Kläger verfolgt nach Erledigungserklärung seine Klage in Höhe von restlichen 225,14 € weiter und hatte Erfolg. Die zuständige Richterin der 341. Zivilprozessabteilung verurteilte die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung zur Zahlung weiterer 225,14 € zuzüglich Zinsen und Anwaltsgebühren. Nachfolgend das Urteil des AG München vom 16.9.2010:
Amtsgericht München 341 C 10685/10
Im Namen des Volkes
U r t e i l
Das Amtsgericht München erlässt durch Richterin T… in dem Rechtsstreit
des Klägers
gegen
die Beklagte
wegen Schadensersatzes am 16.9.2010 0hne mündliche Verhandlung aufgrund der zum 16.9.2010 eingegangenen Schriftsätze folgendes Endurteil gem. § 495 a ZPO.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 225,14 € nebst Zinsen zu 5 Prozentpunkten überhalb des Basiszinssatzes aus 413,01 € vom 26.3.2010 bis 5.5.2010 sowie aus 225,14 € seit dem 6.5.2010 zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 30,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2010 zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagtenpartei.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Gem. § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Das Gericht berücksichtigt im schriftlichen Verfahren den gesamten Akteninhalt.
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus dem Unfall vom 1.3.2010 Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 225,14 € aus §§ 7 I, 17 StVG, 823, 249 BGB i.V.m. § 115 VVG. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach für den dem Kläger unfallbedingt entstandenen Schaden ist nicht streitig.
Nach der Teilerledigungserklärung war nur noch über den Anspruch auf restliche Sachverständigenkosten zu entscheiden. Der Kläger kann Ersatz der weiteren zugesprochenen 225,14 € für die Sachverständigenkosten verlangen. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Feldbetrag zu bezahlen. Hierzu gehören auch die Kosten der Erstellung eines Schadensgutachtens, da vorliegend eine Begutachtung zur Durchführung der Wiederherstellung zweckmäßig war. Der Vertrag zur Erstellung eines Gutachtens über einen Kfz-Unfallschaden stellt einen Werkvertrag dar. Eine Honorarvereinbarung wurde nicht getroffen, so dass die ortsübliche Vergütung als geschuldet anzusehen ist. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können gegenüber dem Geschädigten nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder aber die Überhöhung derart offensichtlich ist, dass ihm vorgeworfen werden kann, die Rechnung ungeprüft bezahlt zu haben. Der Sachverständige ist nämlich kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach den §§ 254, 278 BGB zugerechnet würde. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass in diesem Fall die Rechnung des Sachverständigen in Höhe von 385,64 € im Verhältnis zu dem entstandenen Schaden von unstreitig 980,75 € netto hoch erscheint. Dies ist aber nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht so offensichtlich, dass dem Kläger vorgeworfen werden kann, die Rechnung bezahlt zu haben. Der Laie hat in der Regel keine Kenntnis davon, welche Kosten durch ein Sachverständigengutachten entstehen können und wie sich diese im Verhältnis auf Grund- und Nebenkosten zusammensetzen. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Geschädigte sich informieren könnte. Es ist dem Unfallgeschädigten vor Erteilung des Gutachtenauftrages auch nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und Kostenvoranschläge verschiedener Sachverständiger einzuholen. Danach kann der Kläger nach Abzug der gezahlten 160,50 € die weiteren zugesprochenen 225,14 € verlangen. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.
Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren besteht unter Berücksichtigung des Gegenstandswertes von 1.391,39 € noch ein Anspruch auf weiterer 30,94 €.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286,288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 I ZPO. Erst während des Rechtsstreites wurde der Kläger hinsichtlich des erledigten Teils klaglos gestellt. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten auch der Beklagten aufzuerlegen.
So das Urteil der Richterin der 341. Zivilprozessabteilung des AG München.
Schön sind hier im wesentlichen fogende Aspekte:
Die Richterin führt zwar aus, dass die Rechnung zwar hoch erscheint, nimmt aber richtigerweise keine Überprüfung vor, weil der Geschädigte nicht von einer unangemessen hohen Rechnung ausgehen muss.
Und „hoch erscheinen“ und „hoch sein“ sind zwei verschiedene Paar hochs… Wir wissen nämlich nicht, ob es sich um einen Standard-Pkw mit Besichtigung beim SV, oder einen Exoten mit Besichtigung beim Geschädigten oder dessen Werkstatt handelt. Wir wissen auch nicht, welche Aufwendungen nötig waren, um möglicherweise Schäden dem vorliegenden Schadenereignis zuzuordnen.
Meinen Dank lieber Willi für dieses Urteil!
Viele Grüße
Andreas