Das AG Aachen hat mit Urteil vom 18.01.2005 – 80 C 543/04 – die beklagte Haftpflichtversicherung verurteilt, an den Kläger 277,54 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Aus den Entscheidungsgründen:Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte, die unstreitig für die Folgen des Unfalls vom 06.08.2004 zu 100 % haftet weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 277,54 €.
Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz der UPE-Aufschläge, der Kosten zur Überprüfung des Rades, der Kosten des Stoßfängers, der Entsorgungskosten und der Gutachterkosten verlangen.
Die Höhe des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nämlich nach den § 249 BGB. § 249 Abs.2 BGB stellt insofern klar, dass der Geschädigte statt der Naturalrestitution auch den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Erforderlich sind dabei diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Bei der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten ist nicht auf den Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen und freien Werkstätten einer Region maßgeblich abzustellen, sondern vielmehr kann auf die fiktiven Kosten einer Reparatur durch eine Fachwerkstatt abgestellt werden (BGH NJW 2003, 2086, 2087).
1. UPE-Aufschläge
Dieser Grundsatz muss aber auch für die UPE-Aufschläge gelten. Da der Geschädigte einen Anspruch auf Beseitigung des Schadens in einer Fachwerkstatt hat, so muss der Schädiger ihm auch die UPE-Zuschläge ersetzen, wenn diese in den örtlichen Fachwerkstätten anfallen. Nach dem von dem Kläger eingeholten Privatgutachten und dem unbestrittenen Vortrag des Klägers fallen im Raum Aachen derartige Ersatzteilpreisaufschläge an. Da der Geschädigte keine Möglichkeit hat, diese Kosten zu vermeiden, sind diese auch im Rahmen der Herstellungskosten zu ersetzten.
Auch wenn, wie hier, fiktive Reparaturkosten abgerechnet werden, besteht dieser Anspruch (Urteil des LG Aachen vom 27.08.1998 -8 O 154/98-; Urteil OLG Hamm vom 21.01.1999 -13 U 135/97-; LG Aachen DAR 2002, 72m.w.N.). An dieser Rechtslage ändert auch die Einfügung von § 249 Abs.2 Satz 2 BGB nichts.
2. Überprüfung des Rades
Die in dem Privatgutachten eingestellte Überprüfung des Rades stellt ebenfalls einen ersatzfähigen Schaden dar. Da das Fahrzeug des Klägers bei dem Unfall einen Schlag auf den Reifen hinten links und das Felgenhorn erlitt, muss dieser überprüft werden, bevor eine Reparatur erfolgt. Das Gericht wertet diese Prüfung daher als erforderlich. Auch die in Ansatz gebrachten Kosten in Höhe von 15,52 € hält das Gericht für erforderlich und angemessen. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Privatgutachter für diese Prüfung 2 Arbeitswerte (wobei 10 AW = 1 Stunde sind) in Ansatz gebracht hat. Da zur Überprüfung des Rades die Felge zunächst zu demontieren ist und anschließend auf einer Wuchtmaschine zu überprüfen ist, hält das Gericht die in Ansatz gebrachten Kosten für erforderlich und angemessen. Das gilt auch für den pro Arbeitsstunde in Ansatz gebrachten Betrag von 77,60 €.
3. Kosten des Stoßfängers
Auch diese Kosten waren von der Beklagten zu ersetzen. Die von ihr behauptete Vorschädigung des hinteren Stoßfängers führt nicht dazu, dass der Kläger diesbezüglich gar keinen Ersatz mehr verlangen kann. Vielmehr war an der hinteren Stoßstange vor dem Unfall lediglich ein weißer kleiner Farbabrieb. Dies hat der Privatgutachter aber bereits durch einen Abschlag von 20 % bei den Lackierkosten des Stoßfängers berücksichtigt.
4. Entsorgungskosten
Auch diese kann der Kläger von der Beklagten ersetzt verlangen. Insofern ist zwischen den Parteien streitig, ob solche Kosten bei einer Reparaturwerkstatt üblicherweise anfallen. Diese werden üblicherweise in Rechnung gestellt und können daher auch von dem Kläger ersetzt verlangt werden (AG Augsburg Schaden-Praxis 1998, 393).
5. Gutachterkosten
Auch diese waren von der Beklagten zu ersetzen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die streitgegenständliche Sachverständigenkostenrechnung gegenüber dem Privatgutachter beglichen hat oder ob lediglich Naturalrestitution im Wege der Forderungsfreistellung gefordert werden kann. Dem Kläger steht letztlich nämlich gemäß § 250 BGB zumindest ein Zahlungsanspruch zu. Die Beklagte hat klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die Schadensübernahme insgesamt ablehnt. In diesem Fall kann der Gläubiger unmittelbar Geldersatz fordern.
Grundsätzlich hat der Schädiger Gutachterkosten zu ersetzen, soweit die Einholung eines Gutachtens zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (Palandt/Heinrichs, BGB § 249, Rn.40). Da hier zwischen den Parteien der Schadensumfang streitig war, durfte der Klägerin insofern auch eine ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters zu seinem ersten Gutachten einholen. Der Kläger hat mit der Einholung einer ergänzenden Stellungnahme auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, da er diese ergänzende Stellungnahme als erforderlich zur Klärung der zwischen den Parteien streitigen Positionen halten durfte.
Ob das Honorar, das der Privatgutachter für seine Tätigkeit in Rechnung gestellt hat, angemessen ist, konnte das Gericht offenlassen. Bei der Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten ist auf das anerkennenswerte Rechtsverfolgungsinteresse des Geschädigten abzustellen. Er darf sich eines Sachverständigen bedienen, wobei er nicht verpflichtet ist, sich nach dem „günstigsten“ Sachverständigen zu erkundigen. Solange der Geschädigte keine Hinweise darauf hat, dass die Sachverständigenkosten völlig aus dem üblichen Rahmen fallen, so kann er diese Kosten von dem Schädiger ersetzt verlangen (Palandt/Heinrichs, a.a.O.; OLG Nürnberg VRS 103, 321).
In dem vorliegenden Fall stellte der Sachverständige für sein Tätigwerden 147,90 € in Rechnung. Dabei hat er 1,5 Stunden und einen Stundensatz von 85,00 € zugrundegelegt. Da der Sachverständige den Schadensbericht der DEKRA mit seinem eigenen Gutachten vergleichen musste, hält das Gericht den Stundenanfall für angemessen. Auch der Stundensatz bewegt sich im Rahmen des Marktüblichen. Die Beklagte kann insofern die Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche des Klägers gegen den Sachverständigen wegen überhöhter Rechnung gemäß § 255 BGB verlangen. Ein solches Verlangen hat die Beklagte aber nicht gestellt.
Die Beklagte war daher auch ohne Abtretungsanspruch zur Zahlung zu verurteilen.
Hi Willi Wacker,
ein schön begründetes Urteil. Die mitlesenden Sachverständigen sollten in Zukunft die Überprüfungskosten für Prüfbericht irgendwelcher Prüforganisationen, egal wie sie heissen, geltend machen. Diese sind nämlich auf Grund der rechtswidrigen Kürzungen als erforderlich veranlasst.
Ihr Werkstatt-Freund
Liebe Kollegen,
Stellungnahmen zu den Standardkürzungen kosten bei uns schon lange mindestens 120,00 Euro zzgl. MwSt. (= mind. 1 Stunde Arbeitszeit, wenn es schnell geht).
Viele Grüße
Andreas
@ Andreas
auch wir berechnen alle Stellungnahmen, welche für zu Unrecht angegriffene Gutachten anfallen.
(Steht auch so in unseren AGB`s)
Die ständigen Diskussionen um die Berechnung von Stellungnahmen verstehe ich nicht wirklich.
Der Sachverständige gehört doch zur Gruppe der Dienstleister und verdient mit Dienstleistungen seinen Lebensunterhalt.
Jede Dienstleistung kostet somit Geld.
Die Vergütung der Dienstleistung „Gutachtenerstellung“ endet mit der ordnungsgemässen Fertigstellung des Gutachtens.
Jede weitere Dienstleistung ist (schon immer) kostenpflichtig.
Nachbesichtigungen, Reparaturbestätigungen, Stellungnahmen, nachträgliche Gutachtenausfertigungen, weitere Fotosätze usw, usw…