Das Amtsgericht Wesel hat mit Urteil vom 27.03.2008 (5 C 417/07) die beklagte Haftpflichtversicherung verurteilt, weitere 554,12 € Mietwagenkosten an den Geschädigten zu zahlen.
Der Geschädigte ist Eigentümer eines Opel Frontera, einem allradgetriebenen Geländewagen. Dieses Fahrzeug wurde durch ein Verkehrsunfall erheblich beschädigt, den der Beklagte zu 1. infolge Unachtsamkeit verursachte. Dieser war bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversichert. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Die Parteien streiten nur noch um die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten.
Das Autohaus, das der Kläger mit der Reparatur seines Fahrzeuges beauftragte, stellte ihm für die Dauer der Reparatur einen allradgetriebenen Geländewagen vom Typ Kia Sorento zur Verfügung, der vom Autohaus anderweitig besorgt werden mußte, weil es selbst keinen allradgetriebenen Geländewagen als Mietwagen vorrätig hatte. Mit Rechnung vom 31.05.2007 rechnete das Autohaus gegenüber dem geschädigten Kläger für die Zeit vom 22.05. – 29.05.2007 unter Einschluss von Versicherungskosten und eines Zuschlags für unfallbedingte Mehrleistungen einen Betrag von insgesamt 1.126,43 € ab. Die Beklagte zu 3., die Haftpflichtversicherung, zahlte hierauf vorgerichtlich einen Betrag von 481,95 €. Mit seiner Klage beansprucht der Kläger von den Beklagten wegen des Differenzbetrages Forderungsfreistellung.
Das AG Wesel hat die Beklagte verurteilt, den Kläger hinsichtlich eines Betrages von 554,12 € freizustellen.
Aus den Gründen:
Der Kläger kann von den Beklagten gemäß §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, 3 PflVG i. V. m. §§ 249, 257 BGB noch weitere Forderungsfreistellung in Höhe von 554,12 € beanspruchen.
Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 I BGB). Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er zu diesem Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen (§ 257 Satz 1 BGB). Zwar ist nur eine solche Verbindlichkeit erstattungspflichtig, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzuges seines beschädigten Fahrzeuges für erforderlich halten durfte. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich der Geschädigte grundsätzlich ersatzweise denselben oder einen gleichwertigen Wagentyp anmieten darf (BGB NJW 1982, 1518; Palandt/Heinrichs, BGB, § 249 Rdnr. 30). Der Kläger hat für seinen unfallgeschädigten allradgetriebenen Geländewagen einen allradgetriebenen Geländewagen vom Typ Kia Sorento als Mietfahrzeug in Anspruch genommen. Damit hat er von seinem Recht Gebrauch gemacht einen gleichwertigen Wagentyp mieten zu dürfen. Auf die Behauptung des Klägers, er benötige einen allradgetriebenen Geländewagen, um Viehanhänger zu ziehen, er sei zudem als Jäger auf ein solches Fahrzeug mit entsprechender Bodenfreiheit angewiesen und habe das Mietfahzeug für einen seit Langem geplanten Jagdausflug gebraucht, kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidend an. Zwar mag der unfallgeschädigte Opel Frontera des Klägers in der Schwacke-Liste der Fahrzeuggruppe F zugeordnet sein, in die auch andere Pkw, wie beispielsweise der BMW der 3-er Reihe und der Mercedes C-Klasse, eingruppiert sein mögen. Dies führt indes nicht dazu, dass der Kläger gehalten war, ein solches Fahrzeug anzumieten. Denn es handelt sich bei den genannten Fahrzeugen nicht um mit dem Unfallfahrzeug gleichgestellten allradgetriebenen Geländewagen des Klägers. Vielmehr bestehen in Bauart und Antriebsart wesentliche Unterschiede. Der Geschädigte muss sich nicht auf Fahrzeuge der gleichen Farhzeuggruppe verweisen lassen, wenn wesentliche Unterschiede hinsichtlich Bauart und Antriebsart bestehen, denn dann ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben. Dass dem Kläger auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt im Kreis Wesel-Rees oder Umgebung ein wesentlich günstigerer als der ihm vom Autohaus berechnete Tarif für einen allradgetriebenen Geländewagen zugänglich war, ist von den Beklagten nicht substanziiert vorgetragen worden. Der von den Beklagten vorgenommene Hinweis auf BMW oder Mercedes Fahrzeuge ist nicht ausreichend, da es sich um völlig andere Fahrzeugtypen handelt.
Da der Kläger jedoch einen Anspruch auf ein gleichwertigen Wagentyp hatte, war der Kläger auch berechtigt, einen Geländewagen anzumieten. Auf die vom Autohaus als Normaltarif abgerechneten Mietkosten für eine Woche und einen Tag muss sich der Kläger jedoch im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte Eigenaufwendungen für die Dauer der Mietzeit anrechnen lassen, die mit 10 % der Mietkosten angesetzt werden können (LG Dortmund, NZV 2008, 93, 95). Die abgerechneten Versicherungskosten von 131,09 € und 18,73 € sind gesondert erstattungsfähig und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug des Klägers versichert war (LG Dortmund NZV 2008, 93). Der abgerechnete Zuschlag von 25 % für unfallbedingte Mehrleistung ist deshalb gerechtfertigt, weil das Autohaus zudem die Vorfinanzierung des Mietzinses übernahm. Abzüglich der vorgerichtlichen Zahlung von 481,95 € verbleibt ein Freistellungsforderungsbetrag von 554,12 €. Hinsichtlich dieses Betrages waren die Beklagten zu verurteilen.
Hallo Willi Wacker,
wieder ein interessantes Urteil, diesmal aus dem Bereich der Mietwagen. Herzlichen Glückwunsch.
Friedhelm S.
Trefflich, trefflich die Entscheidung.
Kleiner „Schönheitsfehler“: Bei Vermietungen nach Unfallereignissen werden die Fahrzeuge nach der SchwackeListe Automietwagenklassen gruppiert und dort sind die Klassen nummeriert, also von 01 bis 10. Die „Buchstaben“ gehören zu den Nutzungsausfallgruppen.
Beispiel:
Der Volvo V 50 1.6D DPF Kinetic ist in Nutzungsausfallgruppe „F“ eingruppiert; der Volvo V 50 1.6D DPF Momentum in Gruppe „G“, beide Fahrzeuge sind aber in Mietwagenklasse „06“ eingruppiert.
Für den Momentum bekomme ich also mehr Nutzungsausfall, während mir für beide Fahrzeuge die gleiche Mietwagenklasse als Ersatz zusteht.
Schwarzkittel