In dem hier in Rede stehenden Fall hatte die Klägerin Klage beim AG Mitte eingereicht und beantragt, die Allianz Versicherung zur Zahlung weiterer, gekürzter Mietwagenkosten zu verurteilen.
In ihrer Eingangsverfügung wies die zuständige Richterin die Klägerin darauf hin, dass die beklagte Versicherung gerichtsbekannt keine selbständige Niederlassung in Berlin unterhalte und dass auch aus anderen Gründen keine örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben sei. Gleichzeitig wurde die Klage der Versicherung zugestellt.
In einer umgehenden Stellungnahme erläuterte die Klägerin, dass die örtliche Zuständigkeit des AG Mitte sehr wohl gegeben sei. Sie verwies auf eine durch ihre Prozessbevollmächtigen der Beklagten in einem anderen Verfahren beim AG Mitte abgegebene Erklärung, nach der es sich bei der Niederlassung der Allianz Versicherung um eine selbständige Niederlassung im Sinne des § 21 ZPO handele.
Nach dem Motto, was kümmert es mich, wenn Kollegen das Gegenteil behaupten, bestritten die in diesem Verfahren tätigen Rechtsanwälte in der Klagerwiderung die örtliche Zuständigkeit des AG Mitte. Die Klagerwiderung wurde der Klägerin zugestellt mit dem Hinweis, dass eine Frist zur Replik von zwei Wochen gesetzt werde und für den Fall, dass KEIN Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits gestellt werde, kurzfristig terminiert werde und die Klage als unzulässig abgewiesen werde.
Die Klägerin stellte einen sog. Befangenheitsantrag gegen die Richterin und begründete dies damit, dass davon auszugehen sei, dass die Richterin nicht gewillt ist, sich auf die Argumentation der Klägerin einzulassen bzw. diese abzuwägen, wenn bereits feststünde, dass für den Fall, dass kein Verweisungsantrag gestellt werde, die Klage abgewiesen werde. Dies stellte aus Sicht der Klägerin einen Fall der Besorgnis der Befangenheit dar.
In der eingeholten dienstlichen Äußerung der Richterin wies diese darauf hin, dass ihre Verfügung möglicherweise „unglücklich formuliert“ gewesen sei, eine Befangenheit jedoch nicht gegeben sei.
Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend, entschied eine Kollegin der zuständigen Richterin über den Befangenheitsantrag und wies den Antrag durch Beschluss zurück. Anhaltspunkte dafür, dass die Richterin befangen sein könnte, sah deren Kollegin beim AG Mitte nicht.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde wiederum zunächst einem weiteren Richter des AG Mitte zur Entscheidung vorgelegt. Auch dieser sah vorliegend keinen Anlass, hier eine Befangenheit bzw. deren Besorgnis anzunehmen und verstieg sich zu der Äußerung, dass der Klägerin doch wohl eher die Rechtsansicht der Richterin nicht passe. Der sofortigen Beschwerde wurde nicht abgeholfen.
Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend wurde die sofortige Beschwerde zur Entscheidung an das LG Berlin weiter geleitet.
Das LG Berlin, welches bei Klagen wegen Mietwagenkosten nicht ansatzweise Probleme mit der örtlichen Zuständigkeit hat, erklärt mit Beschluss vom 15.10.2018 das Ablehnungsgesuch der Klägerin für begründet.
Zwar stelle die Äußerung einer Rechtsauffassung allein keinen Rechtfertigungsgrund für die Besorgnis der Befangenheit dar. Die Grenze bilde jedoch eine Vorentschiedenheit des Richters. „Entsteht der Eindruck, dass der Richter sich prozessual vorzeitig auf eine bestimmte Meinung festgelegt hat, ohne für weitere Argumente der Partei aufgeschlossen zu sein, rechtfertigt dies die Besorgnis der Befangenheit.“
Dabei sei noch einmal in den Vordergrund gerückt, um was es eigentlich geht: die Eingangsfrage eines jeden Richters und jeder Richterin nach seiner/ihrer Zuständigkeit. Oder mit anderen Worten: „Warum gerade ich???“
Den Eifer, mit dem diese Frage ablehnend von manchen Richtern beantwortet werden, würde man sich auch manchmal in der Sache wünschen. Selbstverständlich wird in der Niederlassung der Allianz Versicherung in Berlin – genau wie in Frankfurt am Main, in Köln, in Hamburg, in München – eine selbstständige Bearbeitung der Schadenfälle vorgenommen. Auch wenn dies von den Prozessbevollmächtigten der Allianz Versicherung prozessual immer wieder anders behauptet wird, findete Schadensachbearbeitung in den Niederlassungen statt, selbstverständlich auch mit Abschlüssen von Vergleichen. Manchmal zeigt es Früchte, die Sachbearbeiter als Zeugen zu benennen. Spielen die Richter dann mit, heißt es manchmal, dass „es sich nach erneuter Prüfung der Sachlage ergeben hat, dass die Schadenbearbeitung tatsächlich in Köln, Frankfurt am Main, etc. erfolgte!“
Wie schön und einfach könnte es sein, wenn sich manche Richter ihren gesetzlichen Aufgaben stellen würden.
In diesem Sinne: ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2019
Danke, Babelfisch, für diese ausführliche Darstellung, die in vergleichbaren Fällen gut zu gebrauchen ist.
Wir wissen beispielsweise, dass auch das AG Dortmund und das LG Dortmund mit einvernehmlicher Billigung des OLG Hamm in Sachen HUK-Coburg die örtliche Zuständigkeit der sog. Schadenaußenstelle nicht anerkennen.
Selbstverständlich wird auch in der „Schadenaußenstelle“ der HUK-Coburg in Dortmund – genau wie in Frankfurt am Main, in Köln, in Hamburg, in München usw. bekanntlich eine selbstständige Bearbeitung der Schadensfälle vorgenommen. Auch wenn dies von den Prozessbevollmächtigten der HUK-Coburg-Vers. prozessual immer wieder anders behauptet wird, findet Schadensachbearbeitung in den „Schadenaußenstellen“ statt, selbstverständlich auch mit Abschlüssen von Verträgen und Vergleichen.
Dass alles gut aufeinander abgestimmt ist, zeigt die Tatsache, dass, weil ein anonymes „Schadenteam“ die Kürzungsschreiben unter die Leute bringt, konkret ein zuständiger Sachbearbeiter als Zeuge noch nicht einmal benannt werden kann, wie von dir vorgeschlagen. Genial???
Was bleibt in einem solchen Fall für eine Möglichkeit?
Kurt B.
@ Kurt B.
„Was bleibt in einem solchen Fall für eine Möglichkeit?“
Die Konstellation im Falle der Allianz-Vers. ist m.E. eine andere, als im Falle der HUK-Coburg-Versicherung.
Die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. in Coburg (Eigenschreibweise HUK-COBURG) ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit Sitz in Coburg, Bayern.
Das Unternehmen wurde am 3. September 1933 als Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands e. V. mit Sitz in Erfurt durch Mitglieder der Pfarrer-Kraftfahrer-Vereinigung (P.K.V.) sowie der Kraftfahrer-Vereinigung Deutscher Lehrer gegründet.
Es ist die größte Selbsthilfeeinrichtung für den öffentlichen Dienst!!!
Kraftfahrende Beamte sind also mehrheitlich Vertragspartner der HUK-Coburg-Versicherung.
Steht diese Versicherung auf der Beklagtenseite, erhebt sich berechtigt die Frage, ob der in einem Klageverfahren zuständige Richter oder die zuständige Richterin dort versichert ist? Die Frage der Gewährung von Vorzugsprämien soll dabei zunächst ausgeklammert bleiben!-
Für einen solchen Fall sollte man erwarten können, dass sich unaufgefordert das Gericht zu dieser Frage erklärt, denn so, wie die Unparteilichkeit gerichtsseitig auch von Sachverständigen im Interesse der Verfahrensbeteiligten zu Recht erwartet wird, kann das vom Gericht m.E. ebenfalls erwartet werden, weil nicht auszuschließen ist, dass eine Klage in einem solchen Fall automatisch auf Vorbehalte stößt, wenn der lesende Richter oder die lesende Richterin als Vertragspartner der HUK-Coburg dem Vortrag der Beklagten wohlwollender gegenübersteht als der Klagebegründung. Diese Frage sollte mit Hilfe unserer derzeit amtierenden Justizministerin unverzüglich geklärt werden.
Wo sind z.B. der Richter Müller vom AG Coburg und der BGH-Richter Wolfgang Wellner vom VI. Zivilsenat versichert?
Hier auf captain-huk.de sind im Laufe der Jahre wiederholt kritische Stimmen zu Urteilen laut geworden, die den Eindruck einer Kumpanei vermitteln könnten, was insbesondere auch div. Entscheidungen des VI. BGH-Zivilsenats verdeutlichen.-
G.v.H.
Hallo, Babelfisch,
die Stellungnahme der Klägerin bezüglich der örtlichen Zuständigkeit wäre hier für die Leserschaft auf captain-huk.de auch von Interesse. Lässt sich das bewerkstelligen? Vielen Dank.-
Quelle: Focus Online vom 04.01.2019
GERICHTSREPORT: EIN JAHR IN DEUTSCHLANDS GERICHTEN
Wie sieht der Alltag in Deutschlands Justiz wirklich aus? Was läuft nicht rund? Wie geht es besser? FOCUS Online ist das ganze Jahr 2019 in Gerichten unterwegs: Dort, wo normale Menschen um ihr Recht kämpfen. Dort, wo spektakuläre Prozesse laufen. Dort, wo Deutschland sein Versprechen einlösen muss, ein Rechtsstaat zu sein, dem die Menschen vertrauen können. Unsere Reporter sprechen mit Richtern, Staatsanwälten, Angeklagten, Opfern und Zeugen.
Schildern auch Sie uns Ihre Erfahrungen mit der Justiz, schreiben Sie uns, was Sie im Umgang im Staatsanwälten oder Richtern erlebt haben. Vielleicht entsteht daraus sogar eine Geschichte. Mailen Sie uns einfach an: mein-fall@focus.de.
Hier finden Sie alle Artikel des Gerichtsreports.
45 Prozent der Deutschen misstrauen der Justiz
Dienstag, 1. Januar 2019, 13.29 Uhr: Die Redaktion hatte geahnt, dass einige Deutsche der Justiz nicht vertrauen. Die Ergebnisse der repräsentativen Civey-Umfrage für FOCUS Online hat unsere Befürchtungen übertroffen: Nur noch knapp 41 Prozent aller Deutschen haben großes oder sehr großes Vertrauen in die Justiz. 45 Prozent dagegen wenig oder sehr wenig. Das ist fatal für einen Rechtsstaat.
Wer hat da was verbockt? Eine einfache Antwort gibt es nicht – zumal nicht nur tatsächlich vorhandene Missstände wie Personalmangel in der Justiz eine Rolle spielen, sondern Gefühle. So sagen uns Experten, dass das Versagen der Polizei an Silvester 2015 in Köln das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat geschwächt habe.
In erster Linie hat bei den Übergriffen auf Frauen auf der Domplatte aber nicht die Justiz versagt, die mangels Beweisen nur wenige Täter verurteilen konnte. Sondern erst einmal die Exekutive, also die Polizei. Und die Politik, die die Ressourcen verteilt.
Christian Friehoff, Chef des Richterbundes in Nordrhein-Westfalen, versteht solche Umfrageergebnisse als Warnung. Aber auch als Chance.Seine Logik: Wenn die Menschen die Zustände aufregen, dann heißt das, dass sie sich damit auseinandersetzen – und sich das wünschen, was Deutschland laut Grundgesetz ausmachen soll: Rechtsstaatlichkeit.
Ist Deutschlands Justiz weltklasse oder marode?
Dienstag, 1. Januar 2019, 9.45 Uhr: Laut dem „World Justice Report“ der Jahre 2017 und 2018 ist Deutschlands Justiz so gut wie kaum eine andere auf der Welt. In der Studie landet die Bundesrepublik im globalen Ranking auf Platz sechs. Der Chef des Deutschen Richterbundes Jens Gnisa schrieb dagegen in seinem 2017 veröffentlichten Buch „Das Ende der Gerechtigkeit“: „Der Rechtsstaat bröckelt.“
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Hallo Babbelfisch,
könnte man die Stellungnahme der Klägerin bezüglich der örtlichen Zuständigkeit, an den entsprechenden Stellen geschwärzt, hier veröffentlichen. Ich habe momentan bei zwei Klagen das gleiche Problem beim AG Frankfurt-Höchst. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die beiden Richter keine Lust auf die Bearbeitung der Fälle haben.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
sv-mann
Das ganze AG Berlin-Mitte mit seiner Frauenquote von nahezu 80% ist eine reine Hühnerhofveranstaltung.
Was kann da also erwartet werden? Etwa Kompetenz oder doch nur halbverstandene Juristerei und Narrzissmus?
Das AG Mitte ist auch im Fall verschwundener Akten bekannt.