Auch in diesem Zivilrechtsstreit ging es um einen Restschadensersatzanspruch aus einem Straßenverkehrsunfall. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung, die Allianz Versicherungs AG in Frankfurt, hatte bis auf die Wertminderung und die Felgenreparatur die übrigen Schadenspositionen des Klägers erledigt, so dass nur noch über diese beiden Positionen mit insgesamt 403,52 € zu entscheiden war. Der vom Kläger eingeschaltete Kfz-Sachverständige hatte in seinem Schadensgutachten die Wertminderung mit 300,– € angegeben. Die tatsächlich durchgeführte Reparatur der Alufelge hat 103,52 € gekostet. Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Nachstehend das Urteil des Amtsrichters der 47. Zivilprozessabteilung des AG Bochum vom 20.9.2010 :
47 C 329/10
Amtsgericht Bochum
IM NAMEN DES VOLKES
U r t e i l
In dem Rechtsstreit
des Herrn Kl. aus B-W. – Klägers –
PBV: RAe. R. aus B.
g e g e n
Allianz Versicherungs AG, v.d.d. Vortstand, dieser v.d.d. Vorstandsvorsitzenden, 60596 Frankfurt – Beklagte –
PBV: RAe. Dr. E. aus B.
hat das Amtsgericht Bochum
im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 20.9.2010 durch den Richter am Amtsgericht S… für Recht erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 403,52 € nebst Zinsen zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger als Restschadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall zu, der durch den Versicherungsnehmer der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung verursacht wurde.
Im Hinblick auf die geltend gemachte Wertminderung in Höhe von 300,– € folgt das Gericht der insoweit zutreffenden und nachvollziehbaren Bewertung des Sachverständigen R. aus B. Auch wenn einer Rechtsprechung zu folgen sein mag, dass eine merkantile Wertminderung bei einer Zulassungsdauer von 5 und mehr Jahren in der Regel nicht in Betracht kommt, so ist jedoch, wie hier im konkreten Einzelfall, zu beachten, dass das Fahrzeug des Klägers über eine relativ geringfügige Kilometerleistung von knapp 46.000 km verfügte und der Erhaltungszustand im Gutachten des Sachverständigen R. als sehr gut und gepflegt bezeichnet worden ist.
Auch die Kosten für die Reparatur der Alufelge in Höhe von 103,52 € sind vorliegend erstattungsfähig, da diese grundsätzlich hätte ausgetauscht werden müssen, da, wie auch der seitens der Beklagten eingesetzte Sachverständige ermittelt hat, vom Hersteller nicht mehr lieferbar war und mit einem angemessenen Kostenaufwand repariert worden ist.
So das kurze und knappe Urteil des Bochumer Amtsrichters. Auch bei älteren Fahrzeugen, die älter als 5 Jahre alt sind und eine Laufleistung von 100.000 und mehr Kilometer aufweisen, ist eine merkantile Wertminderung zuzusprechen, wenn der Schadensgutachter aufgrund des Erhaltungszustandes des Fahrzeuges zu der von ihm angegebenen Wertminderung gelangt. Es existiert keine starre Grenze, wie die Versicherer und ihre Anwälte immer angeben wollen. Vgl. z. B. AG Prüm Urt. v. 15.1.2008 – 6 C 522/06 -; AG Fürstenwalde Urt. v. 24.7.2008 – 12 C 102/08 -; vgl. auch weitere Urteile bei Wortmann DS 2009, 253, 257 Fußn. 52. Hinsichtlich der Felgenreparatur kann man nur anmerken, dass es eigentlich eine Reparatur derselben gar nicht hätte geben dürfen, wenn nicht ein Austausch unmöglich gewesen wäre.
Das Urteil ist gut. Auch Autos, die älter als fünf Jahre sind, erleiden durch einen Unfallschaden eine Wertminderung. Auch bei älteren Fahrzeugen wird der Käufer bei Offenbarung des Schadens den Preis mindern, und zwar genau um diesen vom SV geschätzten Betrag. Deshalb ist die Argumentation der Versicherungen falsch, dass bei Fahrzeugen älter als 5 Jahren und mehr als 100.000 km keine Wertminderung mehr anfallen würde. Blödsinn einfach!
Dass nur bis 5 Jahre alten Fahrzeugen eine Wertminderung eintreten würde, ist Ausfluss des Schadensmanagements der Versicherungen. Bei jedem offenbarungspflichtigen Schaden wird der Käufer den Kaufpreis drücken. Dies ist genau der Minderwert, wie das Wort schon sagt. Deshalb ist das Urteil zu begrüßen.
Die für Kfz erörterten Grundsätze zur Wertminderung gelten, sofern Fahrzeuge als Handelsobjekte in Betracht kommen und im Falle eines auf einem Unfall beruhenden Schadens im Rechtsverkehr geringer als unfallfreie Fahrzeuge bewertet werden. Denn ein großer Teil der Käufer ist – vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden und der möglicherweise bestehenden höherer Schadensanfälligkeit reparierter Fahrzeuge – nicht bereit, für wieder instand gesetzte Unfallfahrzeuge denselben Preis zu zahlen, wie für entsprechende unbeschädigte Wagen. (BGH in VersR 1980, Seite 46 ff.)
Dies lässt eindeutige Rückschlüsse zu, dass keinesfalls auf ein bestimmtes Fahrzeugalter abzustellen ist, denn egal wie alt das Fahrzeug ist, ein Gebrauchtwagen ist und bleibt nun mal ein Handelsobjekt. Egal ob Privat-PKW, Geschäftsfahrzeug, LKW etc. !!!
Und noch Folgendes:
Warum wohl verschweigen Gebrauchtwagenhändler und Privatleute selbst bei alten Fahrzeugen frühere Schäden und Reparaturen? Weil sie genau wissen, daß selbst bei diesen alten Fahrzeugen Vorschäden negativ aufgefaßt werden.
Desto älter ein unfallfreies Kfz wird (Oldtimer) desto höher wird die merkantile Wertminderung. Weil desto schwieriger wird es ein unfallfreies Kfz. als Handelsobjekt zu kaufen. Für einen 32 Jahre alten unfallfreien Porsche haben wir nach einem Unfall von der Allianz 5000 € Wertminderung gefordert. Erst wurde abgelehnt und dann als Naturalrestitution gefordert wurde, vor dem Gerichtstermin bezahlt. Weil der Allianz offensichtlich klar wurde, das ein 32 Jahre alter unfallfreier Porsche nicht so leicht beschafbar wäre und eventuell noch wesentlich teurer käme als Reparatur und Wertminderung.