Wochendserie des AG Leipzig zum Zweiten: AG Leipzig verurteilt Allianz Versicherung AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.9.2015 – 113 C 2270/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

während ihr im Wochenende seid, arbeiten wir für Euch und stellen heute das zweite Urteil der Wochendserie vor. Wieder war es die Allianz Versicherung AG, die meinte in Leipzig die Rechtsprechung verändern zu können. Nachfolgend stellen wir Euch hier das 2. Urteil aus der Leipziger Serie zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherung vor. Und wieder hat das erkennende Gericht zu Recht auf die beiden Grundsatzentscheidungen zu den erforderlichen Sachverständigenkosten hingewiesen. Vielleicht hat es jetzt der Vorstand der Allianz verstanden? Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare – auch über das Wochenende – ab.

Viele Grüße und weiterhin ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 113 C 2270/15

Verkündet am: 16.09.2015

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

Allianz Versicherungs-AG, An den Treptowers 3,12435 Berlin,  v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht K.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2015 und dem nachgelassenen Schriftsatz am 16.09.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 133,97 EUR zuzüglich Znsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 02.09.2014 sowie 3,00 EUR vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2,        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 133,97 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Gemäß § 313a ZPO wird auf die Darstellung des Tatbestandes verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Anspruch aus abgetretenem Recht auf Schadenersatz gemäß § 115 VVG.

Die 100 %-ige Einstandspflicht der Beklagten für Unfallschäden des Geschädigten aus dem Verkehrsunfallereignis vom 09.04.2014 ist unstreitig.

Es dürfte unstreitig sein, dass es sich bei den Kosten des Sachverständigengutachtens um Kosten handelt, die im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist.

Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf; dabei ist auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismoglichkeit Rücksicht zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06).

Entscheidend für die Schadens rechtliche Betrachtung nach § 249 BGB ist nur, ob die an den Sachverständigen zu zahlenden Kosten den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand angemessen repräsentieren.

Die Beklagte macht geltend, dass der Aulwand für die Erstellung des Gutachtens in Höhe der eingeklagten Differenz nicht als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB angesehen werden kann. Dies betrifft insbesondere nach Auffassung der Beklagten die geltend gemachten Nebenkosten. Unter Bezugnahme u.a. auf die Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014 (Az.: 7 U 111/12) vertritt sie die Meinung, dass Nebenkosten generell auf 25 % des Grundhonorars begrenzt sein und sich aus dieser Entscheidung ergebe, dass eine generelle Kappung vorzunehmen wäre.

Die Klägerin wendet sich gegen diese Auffassung mit der Begründung, dass eine vertragliche Vereinbarung vorliege und das die Kosten die geltend gemacht würden, für den Geschadigten in seiner konkreten Situation das Marktübliche nicht erkennbar und billig überschreiten würde.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 11.02.2014 (Az.: VI ZR 225/13) zum wiederholten Male dazu ausgeführt: „Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigt, gebietet das Schadens rechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen zur Verfügung stehenden güstigeren Sachverständigen zu beauftragen.“

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014 (Az.: 7 U 111/12) zu sehen. Das OLG Dresden in seiner Entscheidung dazu ausgeführt: „Nach § 241 Abs. 2 BGB ist nämlich – vergleichbar mit den Pflichten der Mietwagenunternehmen – eine Aufklärungspflicht des Sachverständigen gegenüber seinen Auftraggeber darüber anzunehmen, dass sein Honorar ggf. über den üblichen Abrechnungssäteen liegt und insoweit möglicherweise nicht in vollem Umfang von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet wird.“

Es kommt also zu einem darauf an, dass das geltend gemachte Honorar ggf. über den üblichen Abrechnungssätzen liegt. Dazu hat die Beklagte nicht konkret vorgetragen. Es wäre zumindest notwendig gewesen darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen, dass im Bereich der Stadt Leipzig und ggf. auch in einem unmittelbar darum liegenden Territorium andere, d.h. niedrigere Honorare durch Sachverständige geltend gemacht würden. Derartige Aussagen ergeben sich nicht aus den Darlegungen der Beklagtenseite.

Es kann auch kein Auswahlverschulden des Geschädigten festgestellt werden, dass darauf beruhen würde, dass der Geschädigte ein Sachverständigenbüro beauftragte, welches eine Vergügung fordert, die örtlich gesehen unüblich ist.

Die Geschadigte hat mit dem Sachverständigen eine Honorarvereinbarung getroffen. Das Sachverständigenbüro hat entsprechender Honorarvereinbarung seine Kosten geltend gemacht

Als Nebenkosten gesondert abgerechnet werden Fahrtkosten, Fotokosten, Schreibkosten, Kosten für Kopien, Versand-/Telefon-/lnternetkosten sowie Kosten für eine Restwertanfrage. Auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten gilt das vorher Dargelegte entsprechend. Die in der Rechnung angegebenen Kosten für Restwertanfrage von 17,50 EUR werden ebenfalls als angemessen angesehen. Die Klägerin hat drei Restwertangebote eingeholt und dafür sieht das Gericht den Betrag über 17,50 EUR als gerechtfertigt an.

Letztendlich ist davon auszugehen, dass das im Rahmen zur Wiederherstellung Erforderliche gewahrt wurde und somit eine Preiskontrolle weder erforderlich noch zulässig wäre.

Entsprechend der Begründetheit der Hauptforderung kann die Klägerin Verzugszins und Verzugsschaden gemäß der §§ 280, 286, 288 BGB geltend machen. In der Höhe nach wurden die Nebenforderungen nicht bestritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO entsprechend dem Unterliegen der Beklagten im Rechtsstreit.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 713 ZPO und die Höhe des Streitwertes gemäß § 3 ZPO aus der Höhe der geltend gemachten Forderung.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Das Auge des Fischadlers sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    positive Entscheidungen für die Unfallopfer sind begrüßenswert, wenn auch der Weg dorthin – wie er sich in den Entscheidungsgründen präsentiert – oft etwas holprig ist. So gehören m.E. in solchen Vorgängen immer die Feststellungen an den Anfang, dass die vorgetragenen Einwendungen nicht erheblich sind, den Geschädigten aus der Inanspruchnahme eines anerkannten Sachverständigen kein Auswahlverschulden trifft und somit auch nicht von einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht ausgegangen werden kann.

    Vor dem Hintergrund des § 249 BGB und der Zuordnung des Prognoserisikos sowie der einem Geschädigten zugestandenen „Erleichterungen“ bezüglich einer Beweisverpflichtung für die Erforderlichkeit ist dann auch verständlich, dass nicht nur der BGH ein Überprüfungsverbot deutlich gemacht hat, sondern auch die gesetzlich verankerte die Regulierungsverpflichtung für tatsächlich überhöhte Honorare.

    Der ganze Mumpitz drumherum bezieht sich fast regelmäßig auf das Schlachgeschrei der Beklagtenseite und ist als solches schadenersatzrechtlich noch nicht einmal von Bedeutung. Warum lassen sich also Gerichte trotzdem immer wieder auf die Schine dieser Täuschungsabsicht setzen ?

    Das Auge des Fischadlers

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